Pflegegrad 4: Voraussetzungen, Leistungen und wichtige Informationen

Pfle­ge­grad 4 beschreibt eine „schwers­te Beein­träch­ti­gung der Selbst­stän­dig­keit“. Men­schen mit Pfle­ge­grad 4 benö­ti­gen inten­si­ve Unter­stüt­zung im All­tag und sind in der Regel auf die täg­li­che Pfle­ge durch Ange­hö­ri­ge oder pro­fes­sio­nel­le Pfle­ge­diens­te ange­wie­sen. Die­ser Bei­trag gibt einen umfas­sen­den Über­blick über die Vor­aus­set­zun­gen für Pfle­ge­grad 4, die Leis­tun­gen, die zur Ver­fü­gung ste­hen, und hilf­rei­che Tipps zur Beantragung.

1. Was ist Pflegegrad 4?

Pfle­ge­grad 4 ist die zweit­höchs­te Stu­fe der Pfle­ge­be­dürf­tig­keit. Er beschreibt Per­so­nen, die durch eine star­ke kör­per­li­che, kogni­ti­ve oder psy­chi­sche Beein­träch­ti­gung kaum noch eigen­stän­dig aktiv sein kön­nen und für all­täg­li­che Auf­ga­ben Unter­stüt­zung benö­ti­gen. Pfle­ge­be­dürf­ti­ge mit Pfle­ge­grad 4 benö­ti­gen umfas­sen­de Hil­fe bei der Kör­per­pfle­ge, Ernäh­rung, Mobi­li­tät und ande­ren all­täg­li­chen Aufgaben.

Die Ein­stu­fung in Pfle­ge­grad 4 erfolgt durch den Medi­zi­ni­schen Dienst (MD) oder einen ande­ren unab­hän­gi­gen Gut­ach­ter. Dabei wird anhand eines Punk­te­sys­tems bewer­tet, wie selbst­stän­dig eine Per­son noch ist. Die Begut­ach­tung bezieht sich auf fol­gen­de sechs Bereiche:

  1. Mobi­li­tät: Fähig­keit zur Fort­be­we­gung und Ver­än­de­rung der Körperposition.
  2. Kogni­ti­ve und kom­mu­ni­ka­ti­ve Fähig­kei­ten: Ori­en­tie­rungs- und Kommunikationsfähigkeit.
  3. Ver­hal­tens­wei­sen und psy­chi­sche Pro­blem­la­gen: Ver­hal­tens­auf­fäl­lig­kei­ten und emo­tio­na­le Belastungen.
  4. Selbst­ver­sor­gung: Unter­stüt­zung bei der Kör­per­pfle­ge, Nah­rungs­auf­nah­me und Hygiene.
  5. Umgang mit krank­heits­be­ding­ten Anfor­de­run­gen: Hil­fe bei der Medi­ka­men­ten­ein­nah­me und medi­zi­ni­schen Maßnahmen.
  6. Gestal­tung des All­tags­le­bens und sozia­ler Kon­tak­te: Unter­stüt­zung bei der Teil­nah­me am sozia­len Leben.

Ein Pfle­ge­grad 4 wird ab einer Punkt­zahl von 70 bis unter 90 vergeben.

2. Leistungen bei Pflegegrad 4

Pfle­ge­be­dürf­ti­ge mit Pfle­ge­grad 4 erhal­ten umfang­rei­che Leis­tun­gen der Pfle­ge­ver­si­che­rung. Die­se Leis­tun­gen sol­len die Lebens­qua­li­tät ver­bes­sern, die Pfle­ge­be­dürf­ti­gen finan­zi­ell ent­las­ten und pfle­gen­de Ange­hö­ri­ge unterstützen.

  • Pfle­ge­geld: Wenn die Pfle­ge von Ange­hö­ri­gen oder Freun­den zu Hau­se orga­ni­siert wird, beträgt das Pfle­ge­geld monat­lich 728 Euro.
  • Pfle­ge­sach­leis­tun­gen: Für die Unter­stüt­zung durch einen ambu­lan­ten Pfle­ge­dienst ste­hen monat­lich bis zu 1.693 Euro zur Ver­fü­gung. Die Abrech­nung erfolgt direkt zwi­schen dem Pfle­ge­dienst und der Pflegekasse.
  • Ent­las­tungs­be­trag: Pfle­ge­be­dürf­ti­ge mit Pfle­ge­grad 4 erhal­ten zusätz­lich einen monat­li­chen Ent­las­tungs­be­trag von 125 Euro, der für Betreu­ungs- und Ent­las­tungs­an­ge­bo­te genutzt wer­den kann.
  • Ver­hin­de­rungs­pfle­ge: Bei Ver­hin­de­rung der Haupt­pfle­ge­per­son, z. B. durch Urlaub oder Krank­heit, kön­nen jähr­lich bis zu 1.612 Euro für eine Ersatz­pfle­ge­per­son in Anspruch genom­men wer­den. Die­ses Bud­get kann zusätz­lich durch das Kurz­zeit­pfle­ge­bud­get auf­ge­stockt werden.
  • Kurz­zeit­pfle­ge: Für eine vor­über­ge­hen­de sta­tio­nä­re Pfle­ge, bei­spiels­wei­se nach einem Kran­ken­haus­auf­ent­halt, stellt die Pfle­ge­kas­se bis zu 1.774 Euro jähr­lich zur Verfügung.
  • Tages- und Nacht­pfle­ge: Für pfle­ge­be­dürf­ti­ge Per­so­nen, die tags­über oder nachts betreut wer­den müs­sen, kön­nen teil­sta­tio­nä­re Pfle­ge­an­ge­bo­te genutzt wer­den. Die­se Pfle­ge wird von der Pfle­ge­kas­se bezu­schusst und ermög­licht Ent­las­tung für pfle­gen­de Angehörige.
  • Pfle­ge­hilfs­mit­tel: Monat­lich ste­hen bis zu 40 Euro für Ver­brauchs­ma­te­ria­li­en wie Ein­mal­hand­schu­he, Des­in­fek­ti­ons­mit­tel und Bett­schutz­ein­la­gen zur Verfügung.
  • Wohn­raum­an­pas­sung: Für not­wen­di­ge bau­li­che Anpas­sun­gen, wie etwa einen Trep­pen­lift oder eine bar­rie­re­freie Dusche, gewährt die Pfle­ge­kas­se bis zu 4.000 Euro pro Maßnahme.
  • Haus­not­ruf: Die Pfle­ge­ver­si­che­rung über­nimmt die Kos­ten für einen Haus­not­ruf, der bei einem Not­fall schnell Hil­fe orga­ni­sie­ren kann.

3. So beantragen Sie Pflegegrad 4

Der Antrag auf Pfle­ge­grad 4 kann direkt bei der Pfle­ge­kas­se des Pfle­ge­be­dürf­ti­gen gestellt wer­den. Hier ist der Ablauf im Detail:

  1. Antrag­stel­lung bei der Pfle­ge­kas­se: Kon­tak­tie­ren Sie die Pfle­ge­kas­se und stel­len Sie einen form­lo­sen Antrag auf Pfle­ge­grad. Die Kas­se sen­det dann alle not­wen­di­gen Antragsunterlagen.
  2. Begut­ach­tung durch den Medi­zi­ni­schen Dienst: Nach Antrag­stel­lung beauf­tragt die Pfle­ge­kas­se den Medi­zi­ni­schen Dienst oder ande­re unab­hän­gi­ge Gut­ach­ter mit einer Begut­ach­tung. Ein Gut­ach­ter besucht die pfle­ge­be­dürf­ti­ge Per­son in ihrem häus­li­chen Umfeld, um den Grad der Pfle­ge­be­dürf­tig­keit zu bewerten.
  3. Bescheid der Pfle­ge­kas­se: Die Pfle­ge­kas­se ent­schei­det auf Basis des Gut­ach­tens über die Ein­stu­fung in einen Pfle­ge­grad und teilt dies schrift­lich mit.
  4. Wider­spruch bei Ableh­nung: Soll­te der Antrag auf Pfle­ge­grad 4 abge­lehnt oder eine nied­ri­ge­re Ein­stu­fung vor­ge­nom­men wer­den, kön­nen Sie inner­halb eines Monats Wider­spruch ein­le­gen und eine erneu­te Über­prü­fung beantragen.

4. Tipps zur optimalen Nutzung der Pflegegrad-4-Leistungen

Die Leis­tun­gen bei Pfle­ge­grad 4 sind viel­fäl­tig und bie­ten umfas­sen­de Unter­stüt­zung für Pfle­ge­be­dürf­ti­ge und ihre Ange­hö­ri­gen. Hier eini­ge Tipps, wie Sie die Leis­tun­gen best­mög­lich nut­zen können:

  • Pfle­ge­geld und Pfle­ge­sach­leis­tun­gen kom­bi­nie­ren: Pfle­ge­be­dürf­ti­ge mit Pfle­ge­grad 4 kön­nen Pfle­ge­geld und Pfle­ge­sach­leis­tun­gen kom­bi­nie­ren, indem ein Teil der Pfle­ge von Ange­hö­ri­gen und ein Teil von pro­fes­sio­nel­len Pfle­ge­diens­ten über­nom­men wird. Die Pfle­ge­kas­se passt das Pfle­ge­geld antei­lig an.
  • Ent­las­tungs­be­trag nut­zen: Der monat­li­che Ent­las­tungs­be­trag von 125 Euro kann für Ent­las­tungs­an­ge­bo­te wie Haus­halts­hil­fen, All­tags­be­glei­ter oder Betreu­ungs­an­ge­bo­te genutzt wer­den. Dies kann pfle­gen­de Ange­hö­ri­ge ent­las­ten und die Lebens­qua­li­tät verbessern.
  • Ver­hin­de­rungs­pfle­ge und Kurz­zeit­pfle­ge kom­bi­nie­ren: Wenn die Haupt­pfle­ge­per­son eine Aus­zeit benö­tigt, kön­nen Ver­hin­de­rungs­pfle­ge und Kurz­zeit­pfle­ge kom­bi­niert wer­den. So kann eine zusätz­li­che Ent­las­tung geschaf­fen wer­den, ohne dass die Qua­li­tät der Pfle­ge leidet.
  • Wohn­raum­an­pas­sung und Pfle­ge­hilfs­mit­tel: Prü­fen Sie, wel­che Anpas­sun­gen im Wohn­raum not­wen­dig sind, um die Selbst­stän­dig­keit des Pfle­ge­be­dürf­ti­gen zu för­dern und die Sicher­heit zu erhö­hen. Nut­zen Sie monat­lich ver­füg­ba­re Pfle­ge­hilfs­mit­tel, die den Pfle­ge­all­tag erleichtern.
  • Tages- und Nacht­pfle­ge­an­ge­bo­te: Tages- und Nacht­pfle­ge bie­tet eine gute Mög­lich­keit, Pfle­ge­be­dürf­ti­gen sozia­le Kon­tak­te zu ermög­li­chen und gleich­zei­tig Ange­hö­ri­ge zu ent­las­ten. Beson­ders für Men­schen mit Pfle­ge­grad 4 kann dies eine wert­vol­le Abwechs­lung im All­tag sein.

5. Pflegeberatung: Unterstützung und Informationen für Angehörige

Pfle­ge­be­dürf­ti­ge mit Pfle­ge­grad 4 und ihre Ange­hö­ri­gen haben Anspruch auf eine kos­ten­freie Pfle­ge­be­ra­tung durch die Pfle­ge­kas­se. Die­se Bera­tung bie­tet Unter­stüt­zung bei der Orga­ni­sa­ti­on der Pfle­ge und klärt über recht­li­che Ansprü­che und Leis­tun­gen auf. Pfle­ge­be­ra­ter kön­nen wert­vol­le Emp­feh­lun­gen zu Ent­las­tungs­an­ge­bo­ten und regio­na­len Hilfs­an­ge­bo­ten geben.

6. Pflegegrad 4: Möglichkeiten zur Förderung der Lebensqualität

Auch bei Pfle­ge­grad 4 ist es mög­lich, Maß­nah­men zu ergrei­fen, die die Lebens­qua­li­tät des Pfle­ge­be­dürf­ti­gen för­dern. Sozia­le Kon­tak­te, kör­per­li­che Akti­vi­tät im Rah­men der Mög­lich­kei­ten und krea­ti­ve Beschäf­ti­gun­gen kön­nen dazu bei­tra­gen, das Wohl­be­fin­den und die Selbst­stän­dig­keit mög­lichst lan­ge zu erhal­ten. Ange­hö­ri­ge und Pfle­ge­kräf­te kön­nen den All­tag des Pfle­ge­be­dürf­ti­gen so gestal­ten, dass Abwechs­lung, För­de­rung und sozia­le Teil­ha­be im Mit­tel­punkt stehen.

Fazit

Pfle­ge­grad 4 bie­tet umfang­rei­che Leis­tun­gen, die Men­schen mit schwers­ten Beein­träch­ti­gun­gen der Selbst­stän­dig­keit und ihren Ange­hö­ri­gen best­mög­li­che Unter­stüt­zung bie­ten. Von Pfle­ge­geld und Pfle­ge­sach­leis­tun­gen bis hin zu Ver­hin­de­rungs­pfle­ge und Wohn­raum­an­pas­sun­gen stellt die Pfle­ge­ver­si­che­rung umfas­sen­de Hil­fen bereit. Indem alle Leis­tun­gen voll aus­ge­schöpft wer­den, kön­nen Pfle­ge­be­dürf­ti­ge und ihre Ange­hö­ri­gen die best­mög­li­che Ver­sor­gung sicher­stel­len und die Lebens­qua­li­tät lang­fris­tig fördern.

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