Pflege im Koalitionsvertrag 2025 – Was die Bundesregierung plant

Im Koali­ti­ons­ver­trag 2025 der neu­en Bun­des­re­gie­rung (CDU, CSU und SPD) – Titel „Ver­ant­wor­tung für Deutsch­land“ – hat die Koali­ti­on umfas­sen­de Refor­men im Bereich Pfle­ge ver­ein­bart. Damit reagiert sie auf drin­gen­de Her­aus­for­de­run­gen: Pfle­ge­kräf­te füh­len sich über­las­tet und unter­be­zahlt, Pfle­ge­be­dürf­ti­ge und Ange­hö­ri­ge kämp­fen mit stei­gen­den Kos­ten und zu wenig Ange­bo­ten. Ziel der Koali­ti­on ist eine nach­hal­ti­ge, bezahl­ba­re und bedarfs­ge­rech­te pfle­ge­ri­sche Ver­sor­gung in ganz Deutsch­land. Im Fol­gen­den fas­sen wir die wich­tigs­ten geplan­ten Maß­nah­men und Reform­vor­ha­ben für Pfle­ge­kräf­te, Pfle­ge­be­dürf­ti­ge und deren Ange­hö­ri­ge, die Finan­zie­rung der Pfle­ge sowie Digi­ta­li­sie­rung und Inno­va­ti­on in der Pfle­ge zusam­men – anhand der Ver­ein­ba­run­gen im Koali­ti­ons­ver­trag 2025.

Große Pflegereform: Mehr ambulante Pflege und nachhaltige Finanzierung

Die Koali­ti­on kün­digt eine „gro­ße Pfle­ge­re­form“ an, um die Pfle­ge­ver­si­che­rung zukunfts­fä­hig zu machen und struk­tu­rell wie finan­zi­ell neu auf­zu­stel­len. Die Regie­rungs­par­tei­en betrach­ten die Bewäl­ti­gung der wach­sen­den Pfle­ge-Her­aus­for­de­run­gen als „Gene­ra­tio­nen­auf­ga­be“, der man mit einem Mix aus kurz‑, mit­tel- und lang­fris­ti­gen Maß­nah­men begeg­nen müs­se. Im Zen­trum steht eine Neu­ord­nung der Pfle­ge­ver­si­che­rungs-Leis­tun­gen: Die­se sol­len „gebün­delt, ver­ein­facht und stär­ker auf die tat­säch­li­chen Bedürf­nis­se aus­ge­rich­tet“ wer­den. Beson­ders betont wird die Stär­kung der ambu­lan­ten und häus­li­chen Pfle­ge gegen­über der sta­tio­nä­ren Ver­sor­gung. Zugleich sol­len Pfle­ge­be­dürf­ti­ge und Fami­li­en Leis­tun­gen leich­ter und unbü­ro­kra­ti­scher in Anspruch neh­men kön­nen. Wört­lich heißt es im Koali­ti­ons­ver­trag: „Zie­le der Reform sind, die nach­hal­ti­ge Finan­zie­rung und Finan­zier­bar­keit der Pfle­ge­ver­si­che­rung zu sichern sowie eine Stär­kung der ambu­lan­ten und häus­li­chen Pfle­ge. Fer­ner wol­len wir damit gewähr­leis­ten, dass Leis­tun­gen der Pfle­ge­ver­si­che­rung von den Pfle­ge­be­dürf­ti­gen und ihren Ange­hö­ri­gen ein­fach und büro­kra­tie­arm in Anspruch genom­men wer­den können.“

Zur Vor­be­rei­tung der Reform setzt die Regie­rung eine Bund-Län­der-Kom­mis­si­on auf Minis­ter­ebe­ne ein, die bis Ende 2025 kon­kre­te Vor­schlä­ge erar­bei­ten soll. Die­se Arbeits­grup­pe soll ins­be­son­de­re fol­gen­de Punk­te prüfen:

  • Leis­tungs­um­fang und ‑arten: Wel­che Pfle­ge­leis­tun­gen bie­tet die Ver­si­che­rung und wie kön­nen sie dif­fe­ren­ziert werden?
  • Leis­tun­gen bün­deln und fokus­sie­ren: Mög­lich­kei­ten, die Viel­zahl der Leis­tun­gen über­sicht­li­cher zu gestal­ten und auf den Bedarf auszurichten.
  • Pfle­gen­de Ange­hö­ri­ge stär­ken: Unter­stüt­zung von Fami­li­en, die zuhau­se pfle­gen (sie­he auch nächs­ten Abschnitt).
  • Akut­pfle­ge-Ange­bo­te: Auf­bau von Hilfs­an­ge­bo­ten für aku­te Pfle­ge­si­tua­tio­nen, z. B. wenn Ange­hö­ri­ge kurz­fris­tig ausfallen.
  • Sek­toren­über­grei­fen­de Ver­sor­gung: Bes­se­re Ver­zah­nung von ambu­lan­ter und sta­tio­nä­rer Pfle­ge; erfolg­rei­che Modell­pro­jek­te wie „stam­bu­lant“ (Misch­for­men aus sta­tio­när und ambu­lant) in die Regel­ver­sor­gung überführen.
  • Anrei­ze zur Vor­sor­ge: För­de­rung der pri­va­ten Alters­vor­sor­ge für Pfle­ge, damit mehr Men­schen finan­zi­ell vorsorgen.
  • Nach­hal­tig­keit der Finan­zie­rung: Ein­füh­rung von Nach­hal­tig­keits­fak­to­ren (etwa eine Karenz­zeit in der Leis­tungs­in­an­spruch­nah­me) zur finan­zi­el­len Stabilisierung.
  • Ver­si­che­rungs­frem­de Leis­tun­gen ver­or­ten: Über­prü­fung, ob ver­si­che­rungs­frem­de Aus­ga­ben der Pfle­ge­ver­si­che­rung – etwa die Ren­ten­bei­trä­ge für pfle­gen­de Ange­hö­ri­ge oder die Umla­ge zur Finan­zie­rung der Pfle­ge­aus­bil­dung – anders finan­ziert wer­den sollten.
  • Eigen­an­tei­le begren­zen: Maß­nah­men, um die pfle­ge­be­ding­ten Eigen­an­tei­le (Zuzah­lun­gen der Pfle­ge­be­dürf­ti­gen, v. a. im Pfle­ge­heim) zu deckeln und Pfle­ge­be­dürf­ti­ge finan­zi­ell zu entlasten.

Ein zen­tra­les Ziel der Koali­ti­on ist es, die Ver­sor­gung Pfle­ge­be­dürf­ti­ger zukunfts­fest zu machen – mit Fokus auf mehr ambu­lan­te Betreu­ung und nach­hal­ti­ger Finanzierung.

Die Ergeb­nis­se die­ser Bund-Län­der-Kom­mis­si­on sol­len bis Ende 2025 vor­lie­gen und dann in eine umfas­sen­de Reform mün­den. Kurz­fris­tig will die Regie­rung bereits vor­ab eini­ge gesetz­li­che Ände­run­gen auf den Weg brin­gen, um die Pfle­ge zu ver­bes­sern: Geplant sind neue Geset­ze zur Stär­kung der Pfle­ge­kom­pe­tenz und Pfle­ge­as­sis­tenz sowie die Ein­füh­rung der „Advan­ced Prac­ti­ce Nur­se“ (APN) als erwei­ter­te Pfle­ge­fach­rol­le. Damit soll Pfle­ge­kräf­ten mit beson­de­rer Aus­bil­dung die Über­nah­me hoch­qua­li­fi­zier­ter Tätig­kei­ten ermög­licht wer­den. Außer­dem wird der soge­nann­te „klei­ne Ver­sor­gungs­ver­trag“ recht­lich abge­si­chert, um Ver­sor­gungs­brü­che – etwa beim Über­gang zwi­schen Kran­ken­haus und Pfle­ge – zu vermeiden.

Stabilisierung der Pflegeversicherung und Finanzierung

Ein gro­ßes Anlie­gen im Koali­ti­ons­ver­trag ist die finan­zi­el­le Sta­bi­li­sie­rung der Pfle­ge­ver­si­che­rung. Aktu­ell ist die Lage ange­spannt: „Hohe Defi­zi­te prä­gen der­zeit die Finanz­si­tua­ti­on der […] sozia­len Pfle­ge­ver­si­che­rung. Die Ein­nah­me­ent­wick­lung bleibt deut­lich hin­ter der Ent­wick­lung der Aus­ga­ben zurück. Die Bei­trags­sät­ze stei­gen.“ Ohne Gegen­steu­ern müss­ten Bei­trä­ge immer wei­ter erhöht wer­den, was sowohl Bei­trags­zah­ler als auch Pfle­ge­be­dürf­ti­ge belas­tet. Die Koali­ti­on will daher „die Finanz­si­tua­ti­on sta­bi­li­sie­ren und eine wei­te­re Belas­tung für die Bei­trags­zah­le­rin­nen und ‑zah­ler ver­mei­den“. Geplant ist ein Maß­nah­men­mix aus kurz­fris­ti­gen und struk­tu­rel­len Anpas­sun­gen, um die Aus­ga­ben­dy­na­mik der letz­ten Jah­re zu brem­sen und die Lücke zwi­schen Ein­nah­men und Aus­ga­ben zu schließen.

Kon­kret sol­len die Bei­trags­sät­ze lang­fris­tig sta­bi­li­siert wer­den, ohne Leis­tungs­kür­zun­gen – im Gegen­teil: Die Koali­ti­on betont, dass wei­ter­hin „eine hohe Qua­li­tät und ein hohes Niveau der Leis­tun­gen“ gewähr­leis­tet blei­ben soll. Auf der Ein­nah­men­sei­te setzt man auf wirt­schaft­li­ches Wachs­tum und höhe­re Beschäf­ti­gung, um mehr Bei­trags­zah­ler zu gewin­nen. Gleich­zei­tig sol­len auf der Aus­ga­ben­sei­te Effi­zi­enz­po­ten­zia­le geho­ben und Kos­ten gedämpft werden.

Zur Erar­bei­tung wei­te­rer finan­zi­el­ler Reform­schrit­te wird eine Exper­ten­kom­mis­si­on unter Ein­be­zie­hung von Wis­sen­schaft und Sozi­al­part­nern ein­ge­rich­tet. Die­se Kom­mis­si­on soll bis Früh­jahr 2027 Vor­schlä­ge vor­le­gen, wie die im Koali­ti­ons­ver­trag ver­ein­bar­ten gesund­heits­po­li­ti­schen Vor­ha­ben in ihrer Gesamt­heit finan­zi­ell wir­ken und wel­che zusätz­li­chen Maß­nah­men nötig sind. Auch wenn die­se Kom­mis­si­on die gesam­te Gesund­heits­ver­sor­gung betrach­tet (inklu­si­ve Kran­ken­ver­si­che­rung), wird sie ent­schei­den­de Wei­chen für die Finan­zie­rung der Pfle­ge­ver­si­che­rung mit­stel­len. Par­al­lel dazu greift – wie oben beschrie­ben – die Bund-Län­der-Arbeits­grup­pe das The­ma Finan­zie­rung in Zusam­men­hang mit der Pfle­ge­re­form auf (z. B. durch Prü­fung von Nach­hal­tig­keits­fak­to­ren und Ent­las­tung der Pfle­ge­kas­sen von ver­si­che­rungs­frem­den Leis­tun­gen). Unterm Strich soll so sicher­ge­stellt wer­den, dass die Pfle­ge­ver­si­che­rung leis­tungs­fä­hig und bezahl­bar bleibt, ohne dass Bei­trä­ge unge­bremst stei­gen müssen.

Entlastung und Unterstützung für pflegende Angehörige und Pflegebedürftige

Pfle­gen­de Ange­hö­ri­ge – also Fami­li­en­mit­glie­der, die zuhau­se Pfle­ge leis­ten – ste­hen beson­ders im Fokus der Koali­ti­ons­plä­ne. Sie sol­len spür­bar ent­las­tet und bes­ser unter­stützt wer­den. Geplant ist vor allem eine Ver­bes­se­rung der Ver­ein­bar­keit von Pfle­ge und Beruf: Dazu will die Regie­rung das Pfle­ge­zeit­ge­setz und das Fami­li­en­pfle­ge­zeit­ge­setz zusam­men­füh­ren, die Regeln für Frei­stel­lun­gen fle­xi­bler gestal­ten und den Kreis der anspruchs­be­rech­tig­ten Ange­hö­ri­gen erwei­tern. Wört­lich heißt es: „Wir stre­ben an, das Pfle­ge­zeit­ge­setz und das Fami­li­en­pfle­ge­zeit­ge­setz zusam­men­zu­füh­ren, die Frei­stel­lungs­an­sprü­che fle­xi­bler zu machen und den Kreis der Ange­hö­ri­gen zu erwei­tern.“. Außer­dem wird geprüft, ob per­spek­ti­visch ein Fami­li­en­pfle­ge­geld ein­ge­führt wer­den kann – also eine Lohn­er­satz­leis­tung ähn­lich dem Eltern­geld, um pfle­gen­de Ange­hö­ri­ge finan­zi­ell zu unterstützen.

Pfle­gen­de Ange­hö­ri­ge sol­len künf­tig bes­se­re Unter­stüt­zung erhal­ten – etwa durch fle­xi­ble­re Frei­stel­lungs­re­geln und even­tu­ell ein finan­zi­el­les Fami­li­en­pfle­ge­geld als Aner­ken­nung ihrer Pflegeleistung.

Dar­über hin­aus will die Koali­ti­on wei­te­re Ent­las­tungs­an­ge­bo­te für Fami­li­en schaf­fen. So sol­len kla­re Hil­fe­leis­tun­gen in aku­ten Pfle­ge­si­tua­tio­nen ent­wi­ckelt wer­den – zum Bei­spiel, wenn eine Pfle­ge­per­son plötz­lich aus­fällt oder kurz­fris­tig Über­las­tung ein­tritt. Sol­che Ange­bo­te für pfle­ge­ri­sche Akut­si­tua­tio­nen (z. B. Kurz­zeit­pfle­ge­plät­ze auf die Schnel­le) hat die Reform­kom­mis­si­on aus­drück­lich auf ihrer Agen­da. Auch die bereits beschrie­be­ne Begren­zung der Eigen­an­tei­le im Pfle­ge­heim wür­de Ange­hö­ri­ge und Pfle­ge­be­dürf­ti­ge finan­zi­ell ent­las­ten. Zudem will man die Natio­na­le Demenz­stra­te­gie fort­füh­ren und die Situa­ti­on von Men­schen mit Demenz und ihren Fami­li­en wei­ter ver­bes­sern. Ins­ge­samt zeich­nen die Koali­ti­ons­plä­ne ein Bild, in dem Ange­hö­ri­ge bei der Pfle­ge nicht allein gelas­sen wer­den, son­dern durch fle­xi­ble­re gesetz­li­che Rah­men und geziel­te Leis­tun­gen bes­ser unter­stützt wer­den – sei es zeit­lich, finan­zi­ell oder durch pro­fes­sio­nel­le Ange­bo­te, die im Not­fall ein­sprin­gen können.

Bessere Arbeitsbedingungen und Aufwertung für Pflegekräfte

Die neue Regie­rung möch­te den Pfle­ge­be­ruf attrak­ti­ver machen und die Arbeits­be­din­gun­gen des Pfle­ge­per­so­nals deut­lich ver­bes­sern. So bekennt sich der Koali­ti­ons­ver­trag dazu, die Wert­schät­zung und Attrak­ti­vi­tät der Gesund­heits- und Pfle­ge­be­ru­fe zu erhö­hen. Geplant ist ein kom­pe­tenz­ori­en­tier­ter Per­so­nal­ein­satz: Pfle­ge­fach­kräf­te sol­len ihr vol­les Kön­nen ein­brin­gen dür­fen, Auf­ga­ben bes­ser nach Qua­li­fi­ka­ti­on ver­teilt wer­den und eigen­stän­di­ge heil­kund­li­che Tätig­kei­ten (z. B. durch Advan­ced Prac­ti­ce Nur­ses) ermög­licht wer­den. Damit ein­her geht die Absicht, die Per­so­nal­be­mes­sung zu ver­bes­sern – also für eine ange­mes­se­ne Per­so­nal­aus­stat­tung in Kran­ken­häu­sern und Pfle­ge­ein­rich­tun­gen zu sor­gen. Die Koali­ti­on will hier geeig­ne­te Instru­men­te eta­blie­ren, um den tat­säch­li­chen Pfle­ge­be­darf mit genü­gend Fach­per­so­nal abzudecken.

Auch die Selbst­ver­wal­tung der Pfle­ge im Gesund­heits­sys­tem soll gestärkt wer­den. Ein wich­ti­ger Schritt: Erst­mals soll die Pro­fes­si­on Pfle­ge einen fes­ten Sitz mit Stimm­recht im Gemein­sa­men Bun­des­aus­schuss (G‑BA) erhal­ten. Die­ses zen­tra­le Ent­schei­dungs­gre­mi­um des Gesund­heits­we­sens (zustän­dig z. B. für Richt­li­ni­en zu Leis­tun­gen) wür­de damit „erst­mals direk­ten Ein­fluss“ der Pfle­ge­fach­kräf­te erfah­ren – eine lang­jäh­ri­ge For­de­rung der Berufs­ver­bän­de. Durch eine sol­che Auf­wer­tung der Stim­me der Pfle­ge sol­len deren Belan­ge bei zen­tra­len Ent­schei­dun­gen stär­ker berück­sich­tigt werden.

Ein wei­te­rer Aspekt ist der Umgang mit Leih­ar­beit und Zeit­ar­beits­kräf­ten in der Pfle­ge. Die Koali­ti­on will „geeig­ne­te Maß­nah­men zur Reduk­ti­on der Unter­schie­de zwi­schen Leih­ar­beit­neh­mern und der Stamm­be­leg­schaft“ erwir­ken. In der Pra­xis bedeu­tet das, die Abhän­gig­keit von teu­ren Zeit­ar­beits-Pfle­ge­kräf­ten zu ver­rin­gern und statt­des­sen Stamm­kräf­te zu hal­ten. Geplant ist etwa, die Ein­rich­tung von Sprin­ger­pools (betrieb­li­chen Per­so­nal­re­ser­ven für Eng­päs­se) zu för­dern – zusätz­li­che Kos­ten dafür sowie ent­spre­chen­de Zuschlä­ge fürs Per­so­nal sol­len von den Kos­ten­trä­gern aus­ge­gli­chen wer­den. So soll die Ver­sor­gung im Not­fall gesi­chert wer­den, ohne dass Ein­rich­tun­gen auf exter­ne Leih­kräf­te ange­wie­sen sind, und zugleich die Arbeits­be­las­tung des Stamm­per­so­nals sinken.

Zudem setzt die Regie­rung bei der Aus- und Wei­ter­bil­dung von Pfle­ge­kräf­ten an. Für berufs­er­fah­re­ne Pfle­ge­fach­per­so­nen will man Kar­rie­re­we­ge erleich­tern: Das bestehen­de Ver­fah­ren zur Aner­ken­nung von Wei­ter­qua­li­fi­ka­tio­nen (nach dem Deut­schen Qua­li­fi­ka­ti­ons­rah­men, DQR) soll ver­ein­facht wer­den, indem prak­ti­sche Kom­pe­tenz­prü­fun­gen durch Pra­xis­an­lei­ter ein­ge­führt wer­den. Damit kön­nen erfah­re­ne Pfle­ge­rin­nen und Pfle­ger schnel­ler höhe­re Qua­li­fi­ka­ti­ons­stu­fen errei­chen, ohne unnö­ti­ge büro­kra­ti­sche Hür­den. Außer­dem wird die Ein­füh­rung der Advan­ced Prac­ti­ce Nur­se (APN) vor­be­rei­tet (sie­he oben), was neue fach­li­che Ent­wick­lungs­mög­lich­kei­ten in der Pfle­ge schafft. Ins­ge­samt erhofft man sich, durch bes­se­re Auf­stiegs­chan­cen, mehr Eigen­ver­ant­wor­tung und attrak­ti­ve­re Arbeits­be­din­gun­gen auch mehr Nach­wuchs für den Pfle­ge­be­ruf zu gewin­nen und dem Fach­kräf­te­man­gel entgegenzuwirken.

Nicht zuletzt betont der Koali­ti­ons­ver­trag, dass alle die­se Maß­nah­men Hand in Hand mit einer Stei­ge­rung der Wert­schät­zung ein­her­ge­hen müs­sen: Der Pfle­ge­be­ruf soll gesell­schaft­lich und finan­zi­ell attrak­tiv sein. Zwar fin­den sich im Ver­trag kei­ne expli­zi­ten Zusa­gen zu höhe­ren Gehäl­tern, jedoch ist anzu­neh­men, dass Tarif­bin­dung und fai­re Löh­ne wei­ter­hin unter­stützt wer­den – zumal bereits lau­fen­de Refor­men (z. B. die Tarif­pflicht für Pfle­ge­ein­rich­tun­gen) den Rah­men vor­ge­ben. Zusam­men­fas­send will die Koali­ti­on, dass mehr Men­schen sich für den Pfle­ge­be­ruf ent­schei­den und län­ger moti­viert dar­in blei­ben – durch bes­se­re Bedin­gun­gen, neue Kar­rie­re­per­spek­ti­ven und eine stär­ke­re Stim­me der Pfle­ge in der Gesundheitspolitik.

Bürokratieabbau und Digitalisierung in der Pflege

Ein zen­tra­les Quer­schnitts­the­ma im Koali­ti­ons­ver­trag ist der Abbau von Büro­kra­tie im Gesund­heits- und Pfle­ge­be­reich. Pfle­ge­kräf­te sol­len spür­bar von unnö­ti­gem Doku­men­ta­ti­ons­auf­wand ent­las­tet wer­den, um mehr Zeit für die eigent­li­che Pfle­ge zu haben. Die Regie­rung plant ein umfas­sen­des Büro­kra­tie­ent­las­tungs­ge­setz im Gesund­heits­we­sen, das mas­siv Doku­men­ta­ti­ons­pflich­ten redu­ziert und Kon­troll­dich­ten ver­rin­gert. Man will statt einer Miss­trau­ens­kul­tur eine Ver­trau­ens­kul­tur eta­blie­ren und die Eigen­stän­dig­keit der Pro­fes­sio­nen stär­ken. Kon­kret sol­len alle Geset­ze und Vor­schrif­ten in der Pfle­ge einem „Pra­xis-Check“ unter­zo­gen wer­den: Dabei prüft man, wel­che Doku­men­ta­ti­ons- und Berichts­pflich­ten wirk­lich not­wen­dig sind. Beson­ders die wäh­rend der Coro­na-Pan­de­mie ein­ge­führ­ten zusätz­li­chen Berichts­pflich­ten will man wie­der abschaf­fen, sofern sie für künf­ti­ge Pan­de­mie­vor­sor­ge nicht zwin­gend gebraucht werden.

Ein wei­te­rer wich­ti­ger Punkt ist die Digi­ta­li­sie­rung der Pfle­ge­pro­zes­se. Geplant ist, die Pfle­ge­do­ku­men­ta­ti­on zu ver­ein­fa­chen und voll­stän­dig zu digi­ta­li­sie­ren. Der Koali­ti­ons­ver­trag sieht vor, KI-gestütz­te Pfle­ge- und Behand­lungs­do­ku­men­ta­ti­on expli­zit zu erlau­ben und zu för­dern. Das bedeu­tet, Pfle­ge­kräf­te dür­fen künf­tig Künst­li­che Intel­li­genz ein­set­zen, um z. B. Rou­ti­ne-Doku­men­ta­tio­nen auto­ma­ti­siert zu erstel­len oder zu ver­ein­fa­chen – natür­lich unter Wah­rung des Daten­schut­zes. Zudem soll das Berichts­we­sen kon­se­quent auf ein voll­di­gi­ta­les Sys­tem umge­stellt wer­den, sodass Papier­do­ku­men­ta­ti­on der Ver­gan­gen­heit ange­hört. Durch sol­che digi­ta­len Lösun­gen ver­spricht man sich eine enor­me Zeit­er­spar­nis im Pflegealltag.

Auch bei den Kon­troll­in­stan­zen setzt die Koali­ti­on an: Medi­zi­ni­scher Dienst (MD) und Heim­auf­sicht sol­len ihre Prü­fun­gen bes­ser abstim­men, um Dop­pel­prü­fun­gen zu ver­mei­den. Eine „Ver­schrän­kung der Kon­troll­in­stan­zen“ soll sicher­stel­len, dass Ein­rich­tun­gen nicht von ver­schie­de­nen Prü­fern nach­ein­an­der mit ähn­li­chen Anfor­de­run­gen behel­ligt wer­den. Die Prüf­fre­quen­zen könn­ten ggf. gesenkt wer­den, wenn Ein­rich­tun­gen unauf­fäl­lig sind, damit der Auf­wand im Rah­men bleibt. Ins­ge­samt ver­spricht sich die Regie­rung von all die­sen Schrit­ten spür­ba­re Ent­las­tun­gen im Arbeits­all­tag der Pfle­ge­kräf­te, sofern sie kon­se­quent umge­setzt wer­den. Pfle­ge­kräf­te sol­len weni­ger Zeit am Schreib­tisch und mehr Zeit am Men­schen ver­brin­gen kön­nen – ganz im Sin­ne einer mensch­li­che­ren Pflege.

Par­al­lel dazu wird natür­lich auch die gene­rel­le Digi­ta­li­sie­rung im Gesund­heits­we­sen vor­an­ge­trie­ben (Stich­wort elek­tro­ni­sche Pati­en­ten­ak­te, Tele­me­di­zin etc.), was indi­rekt auch der Pfle­ge zugu­te­kommt. So soll bis 2025 die elek­tro­ni­sche Pati­en­ten­ak­te für alle ein­ge­führt und die Tele­me­di­zin aus­ge­baut wer­den. Für Pfle­ge­hei­me und ambu­lan­te Diens­te bedeu­tet das etwa schnel­le­ren Infor­ma­ti­ons­aus­tausch mit Ärz­ten und Kran­ken­häu­sern, was Pro­zes­se effi­zi­en­ter macht. All die­se digi­ta­len Fort­schrit­te – kom­bi­niert mit Büro­kra­tie­ab­bau – gel­ten als not­wen­di­ge Moder­ni­sie­rungs­schrit­te, um die Pfle­ge zukunfts­fä­hig zu gestal­ten und dem Per­so­nal drin­gend benö­tig­te Zeit­res­sour­cen zurückzugeben.

Fazit

Der Koali­ti­ons­ver­trag 2025 setzt ein deut­li­ches Zei­chen, dass die neue Bun­des­re­gie­rung die Pro­ble­me im Pfle­ge­sek­tor erkannt hat und ent­schlos­sen ist, gegen­zu­steu­ern. Von der gro­ßen Pfle­ge­re­form über bes­se­re Bedin­gun­gen für Pfle­ge­kräf­te bis hin zu Ent­las­tun­gen für Fami­li­en und finan­zi­el­len Sta­bi­li­sie­rungs­schrit­ten spannt sich ein brei­tes Maß­nah­men­pa­ket. Vie­les davon – etwa die Bün­de­lung der Leis­tun­gen, die Begren­zung der Eigen­an­tei­le oder der Büro­kra­tie­ab­bau – ent­spricht lang­jäh­ri­gen For­de­run­gen aus der Pra­xis. Aller­dings blei­ben Details zu Umset­zung und Finan­zie­rung abzu­war­ten, und nicht alle Vor­ha­ben sind schon kon­kret aus­for­mu­liert. Pfle­ge­ver­bän­de begrü­ßen zwar die Rich­tung, mah­nen aber an, dass den Wor­ten auch rasch Taten fol­gen müs­sen. Klar ist: Die kom­men­den Jah­re wer­den ent­schei­dend sein, ob die ange­kün­dig­ten Refor­men tat­säch­lich grei­fen und spür­ba­re Ver­bes­se­run­gen in der Pfle­ge brin­gen. Der Koali­ti­ons­ver­trag bie­tet hier­für einen ambi­tio­nier­ten Fahr­plan – nun liegt es an der Regie­rung, ihn mit Leben zu fül­len, damit Pfle­ge­kräf­te, Pfle­ge­be­dürf­ti­ge und Ange­hö­ri­ge glei­cher­ma­ßen ent­las­tet wer­den und die Pfle­ge in Deutsch­land zukunfts­fest auf­ge­stellt wird.

Quel­len: Koali­ti­ons­ver­trag 2025 der Bun­des­re­gie­rung (CDU/CSU & SPD) und beglei­ten­de Ana­ly­sen (Alten­pfle­ge Online, DMRZ-Blog).

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