Pflege als Ländersache: Warum es große Unterschiede zwischen den Bundesländern gibt
Die Pflege in Deutschland unterliegt einer föderalen Organisation – viele Bereiche sind Ländersache, also in der Zuständigkeit der 16 Bundesländer. Dies führt dazu, dass es regionale Unterschiede in der Pflegepolitik, der Ausbildung von Pflegekräften, der Finanzierung und der Infrastruktur gibt. Im Folgenden werfen wir einen umfassenden Blick darauf, wie die Bundesländer die Pflege gestalten und welche Unterschiede sich in stationärer und ambulanter Versorgung zeigen.
Föderale Zuständigkeiten in der Pflege
In Deutschland wird der rechtliche Rahmen der Pflegeversicherung zwar auf Bundesebene festgelegt (Sozialgesetzbuch XI), doch die konkrete Ausgestaltung der Pflege vor Ort ist wesentlich Aufgabe der Länder (Heimgesetze der Bundesländer). So sind laut § 9 SGB XI die Länder verantwortlich für den Aufbau und Erhalt einer leistungsfähigen und ausreichenden pflegerischen Versorgungsstruktur (Investitionsmittel der Bundesländer für Pflegeeinrichtungen sinken). Diese Verpflichtung umfasst unter anderem die Planung und Genehmigung von Pflegeeinrichtungen, die Aufsicht über Pflegeheime sowie Maßnahmen zur Sicherstellung der Pflegeversorgung. Die Föderalismusreform 2006 hat die Gesetzgebungskompetenz für das Heimrecht – also die ordnungsrechtlichen Vorschriften für Pflegeheime – vom Bund auf die Länder übertragen (Heimgesetze der Bundesländer). Inzwischen hat jedes Bundesland eigene Landespflegegesetze (unter verschiedenen Bezeichnungen), die unter anderem regeln, wie Pflegeheime betrieben werden dürfen, welche personellen und baulichen Standards gelten und wie die Heimaufsicht funktioniert. Beispielsweise gelten in Bayern das Pflege- und Wohnqualitätsgesetz (PfleWoqG) und in Berlin/Brandenburg das Wohnteilhabegesetz (WTG) als jeweiliges Landesheimgesetz.
Auch in anderen Bereichen setzt sich dieses föderale Prinzip fort. Die Ausbildung von Pflegekräften ist ein gutes Beispiel: Das Pflegeberufegesetz (PflBG) wurde zwar als Bundesgesetz eingeführt, aber die Umsetzung obliegt den Ländern, die dafür eigene Ausführungsgesetze erlassen haben (Landesgesetzliche Regelungen: Pflegeausbildung). Ebenso liegt die Schulaufsicht und die Finanzierung der Pflegeschulen in der Verantwortung der Länder. Daraus ergeben sich teils unterschiedliche Bildungsstrukturen und ‑angebote je nach Bundesland. Zudem sind die Länder für die Pflege-Infrastruktur zuständig – das heißt, sie sollen dafür sorgen, dass ausreichend ambulante Dienste, Pflegeheime, Tagespflegeeinrichtungen und Beratungsstellen (z.B. Pflegestützpunkte) verfügbar sind. Allerdings besteht kein einklagbarer Anspruch der Einrichtungen gegenüber dem Land, bestimmte Investitionen vorzunehmen (Investitionsmittel der Bundesländer für Pflegeeinrichtungen sinken). Dadurch nutzen die Länder ihren Gestaltungsspielraum sehr unterschiedlich, was regional erhebliche Unterschiede in der Versorgungslandschaft zur Folge hat.
Unterschiede in der Pflegepolitik der Bundesländer
Jedes Bundesland verfolgt eigene Strategien und Schwerpunkte in der Pflegepolitik. Während die grundsätzlichen Leistungen der Pflegeversicherung bundesweit einheitlich sind, zeigen sich in der konkreten Ausgestaltung und in politischen Initiativen deutliche Variationen. Einige Länder haben in den letzten Jahren umfangreiche Programme aufgelegt, um die Pflegesituation zu verbessern, andere agieren zurückhaltender. Diese unterschiedlichen Ansätze betreffen z.B. die Unterstützung pflegender Angehöriger, die Förderung bestimmter Versorgungsformen (ambulant vs. stationär) oder die Stärkung des Pflegeberufs durch neue Institutionen.
Ein markantes Beispiel ist Bayern, das 2018 einen eigenen „Bayerischen Pflegepakt“ geschnürt hat. Der Freistaat stellte dabei rund 465 Millionen Euro zusätzlich pro Jahr bereit, um drängende Probleme in der Pflege anzugehen (Bayerischer Sonderweg in der Pflege). Kernstück dieser Initiative war das Landespflegegeld: Seit 2018 erhalten alle Pflegebedürftigen ab Pflegegrad 2 mit Hauptwohnsitz in Bayern jährlich 1.000 Euro vom Land (Bayerischer Sonderweg in der Pflege). Dieses Landespflegegeld soll den Betroffenen finanziellen Spielraum geben – zum Beispiel, um sich bei pflegenden Angehörigen zu bedanken oder zusätzliche Unterstützung einzukaufen. Bayern richtete außerdem ein eigenes Landesamt für Pflege ein und förderte den Ausbau von Pflegeplätzen, um die Infrastruktur zu verbessern (Bayerischer Sonderweg in der Pflege). Kritiker monierten zwar, das Landespflegegeld sei eher Symbolpolitik und löse strukturelle Probleme nicht dauerhaft (Bayerischer Sonderweg in der Pflege), doch Bayern zeigt damit einen sehr aktiven, länderspezifischen Weg in der Pflegepolitik – einen echten „Sonderweg“.
Andere Bundesländer setzen andere Akzente. In Brandenburg etwa liegt der Fokus stark auf der Unterstützung häuslicher Pflege und Quartiersprojekten. Dort wurde bereits 2015 eine Pflegeoffensive gestartet, für die das Land jährlich rund 1 Million Euro bereitstellt (Petition von pflegenden Angehörigen | Ministerium für Gesundheit und Soziales). Mit diesem Geld wurden u.a. ein Kompetenzzentrum Demenz und die Fachstelle Altern und Pflege im Quartier (FAPIQ) aufgebaut. Ziel ist es, Strukturen zu schaffen, damit Pflegebedürftige möglichst lange zuhause leben können. Seit Start der Offensive konnten in Brandenburg an 80 Standorten 290 neue Angebote zur Unterstützung im Alltag (wie Betreuungsangebote, Helferkreise etc.) eingerichtet werden (Petition von pflegenden Angehörigen | Ministerium für Gesundheit und Soziales). Insgesamt gibt es dort mittlerweile etwa 730 solcher alltagsunterstützenden Angebote, die von über 8.500 Personen genutzt werden (Petition von pflegenden Angehörigen | Ministerium für Gesundheit und Soziales). Brandenburg setzt damit stark auf ambulant vor stationär und die Entlastung pflegender Angehöriger. Tatsächlich werden in Brandenburg rund 82 % der Pflegebedürftigen in der eigenen Häuslichkeit versorgt (Petition von pflegenden Angehörigen | Ministerium für Gesundheit und Soziales) – ein Wert leicht über dem ohnehin hohen Bundesdurchschnitt von etwa 80 %. Dieses Beispiel zeigt eine eher gemeinwesenorientierte Pflegepolitik eines Flächenlandes mit vielen ländlichen Regionen.
Wieder andere Länder haben versucht, die Interessen der Pflegekräfte politisch stärker zu verankern. In Rheinland-Pfalz wurde 2016 die erste Landespflegekammer in Deutschland gegründet – eine berufsständische Kammer, in der Pflegefachpersonen Pflichtmitglieder sind. Ähnliche Kammern wurden danach in Niedersachsen und Schleswig-Holstein eingerichtet (Pflegekammer – Wikipedia). Diese sollten die Pflegeberufe stärken, fortbilden und gegenüber der Politik vertreten. Allerdings verlief die Entwicklung unterschiedlich: Während RLPs Pflegekammer bis heute besteht, wurden die Kammern in Niedersachsen und Schleswig-Holstein nach Protesten (u.a. wegen Pflichtbeiträgen) wieder aufgelöst (Pflegekammer – Wikipedia). In Nordrhein-Westfalen war ebenfalls eine Pflegekammer geplant und gesetzlich auf den Weg gebracht, doch die Ausgestaltung wurde nach kontroverser Befragung der Pflegekräfte gestoppt (Pflegekammer – Wikipedia). Stattdessen setzt NRW nun auf eine freiwillige Interessenvertretung („Pflegering“). Diese Beispiele zeigen: Auch institutionelle Innovationen in der Pflege (wie Pflegekammern) sind Ländersache – ob es sie gibt, hängt vom politischen Willen der jeweiligen Landesregierung und der Akzeptanz vor Ort ab. So lehnt z.B. Berlin eine Pflegekammer ab (hier werden andere Formen der Beteiligung bevorzugt) (Pflegekammer – Wikipedia), während in einigen Flächenländern insbesondere konservative oder gemischte Regierungen für die Kammeridee werben.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Pflegepolitik je nach Land unterschiedliche Schwerpunkte setzt. Einige Länder gelten als fortschrittlich oder zumindest aktiv, weil sie mit eigenem Landesgeld Projekte fördern (z.B. Bayern, Brandenburg) oder neue Strukturen schaffen (Kammern, Landesämter). Andere agieren eher zurückhaltend oder rückständig, indem sie wenige eigene Mittel investieren und stark auf die Bundespflegeversicherung verlassen. Diese Unterschiede wirken sich auf die Pflegebedingungen vor Ort aus und führen zu einem regelrechten Pflege-„Flickenteppich“ in Deutschland.
Ausbildung von Pflegekräften: Länderspezifische Ausgestaltung
Die Pflegeausbildung wurde in den letzten Jahren reformiert – seit 2020 gibt es die generalistische Ausbildung zur Pflegefachfrau bzw. zum Pflegefachmann, die bundesweit einheitlich geregelt ist. Doch obwohl der Rahmen bundesweit gilt, liegt die Umsetzung und Organisation der Ausbildung in der Hand der Bundesländer (Landesgesetzliche Regelungen: Pflegeausbildung). Jedes Land hat ein Ausführungsgesetz erlassen, um das Pflegeberufegesetz mit Leben zu füllen. Darin werden z.B. zuständige Behörden benannt, die staatliche Anerkennung der Pflegeschulen geregelt und landesspezifische Finanzierungsverfahren festgelegt. So finanziert jedes Bundesland einen Ausbildungsfonds, in den Pflegeeinrichtungen, Krankenhäuser und Pflegekassen einzahlen, um die Ausbildungsvergütungen und Schulkosten zu decken (Finanzierung der Ausbildung — Pflegeausbildung.net). Die Grundlagen sind zwar für alle gleich, jedoch können Details variieren – etwa welche Stelle den Fonds verwaltet oder ob das Land zusätzliche Mittel beisteuert.
Ein wichtiger Unterschied ergibt sich bei den Pflegeassistenz- und Helferausbildungen. Neben der dreijährigen Fachkraftausbildung existieren nämlich weiterhin kürzere Ausbildungen (meist ein- oder zweijährig) für Pflegehelfer, und diese sind nicht bundeseinheitlich, sondern Ländersache. Tatsächlich gab es auch nach Einführung der Generalistik noch 27 verschiedene einjährige Ausbildungen in der Pflegehilfe/-assistenz in Deutschland (BIBB / Pflegehilfe und Pflegeassistenz) (BIBB / Pflegehilfe und Pflegeassistenz). Jedes Bundesland hat hier eigene Abschlüsse geschaffen – zum Beispiel den „Staatlich geprüften Pflegefachhelfer“ in Bayern oder den „Gesundheits- und Krankenpflegeassistenten“ in Hamburg. Diese Ausbildungen unterscheiden sich hinsichtlich Dauer, Curriculum und Abschlussbezeichnung, was zu quantitativen und qualitativen Unterschieden führt (BIBB / Pflegehilfe und Pflegeassistenz). Einige Länder haben eine lange Tradition der Altenpflegehilfe (z.B. einjährige Altenpflegehelferausbildung), andere haben solche Bildungsgänge kaum etabliert. Dies wirkt sich darauf aus, wie viele qualifizierte Assistenzkräfte zur Verfügung stehen und inwieweit Pflegedienste auf Helfer zurückgreifen können.
Auch die Hochschulausbildung im Pflegebereich variiert nach Land. Zwar sieht das Pflegeberufegesetz vor, dass ein Teil der Ausbildung auch hochschulisch stattfinden kann (Pflegestudium), doch ob und wie viele Studienplätze tatsächlich angeboten werden, hängt von der Landespolitik und der Hochschullandschaft ab. Einige Bundesländer – etwa Nordrhein-Westfalen oder Baden-Württemberg – haben verstärkt Pflegestudiengänge an Fachhochschulen eingerichtet, um Führungs- und Spezialkräfte auszubilden. Andere Länder halten das Angebot (noch) überschaubar.
Darüber hinaus gibt es Unterschiede in der Personalgewinnung und ‑bindung: Manche Länder unterstützen Kampagnen, um mehr Auszubildende zu gewinnen (z.B. landesspezifische Imagekampagnen für den Pflegeberuf), oder legen Programme auf, um ausländische Pflegekräfte zu integrieren. Hessen etwa initiierte „Beruf und Pflege vereinbaren“ für bessere Arbeitsbedingungen in Betrieben ([PDF] und Qualifizierungsoffensive Altenpflege (2012 bis 2015) — BMFSFJ), während Schleswig-Holstein ein Programm zur Akademisierung der Pflege startete. Insgesamt bleibt jedoch festzuhalten, dass Ausbildung Ländersache bedeutet: Kapazitäten, Finanzierung und Zusatzausbildungen können sich je nach Bundesland unterscheiden. Dies kann dazu führen, dass in manchen Regionen mehr Nachwuchs in der Pflege zur Verfügung steht als in anderen – ein wichtiger Faktor angesichts des bundesweiten Fachkräftemangels.
Finanzierung der Pflege: Landesmittel und Eigenanteile
Die soziale Pflegeversicherung sorgt zwar überall in Deutschland für einen einheitlichen Leistungsrahmen, jedoch gibt es große regionale Unterschiede bei der Finanzierung der Pflegeinfrastruktur und den Kosten für Pflegebedürftige. Ein zentraler Punkt ist die Frage: Wie viel investieren die Bundesländer selbst in Pflegeeinrichtungen? Hier zeigen sich erhebliche Differenzen. Nach dem Sozialgesetzbuch XI sind die Länder verpflichtet, Pflegeeinrichtungen – insbesondere stationäre Heime – in angemessenem Umfang zu fördern (z.B. Baukosten-Zuschüsse), um eine ausreichende Versorgung sicherzustellen (Investitionsmittel der Bundesländer für Pflegeeinrichtungen sinken). In der Praxis kommt dieser Auftrag aber sehr unterschiedlich zum Tragen.
Eine aktuelle Untersuchung (IGES Institut 2024) offenbart die Spannbreite: Nordrhein-Westfalen gab im Jahr 2022 umgerechnet etwa 560 Euro pro Pflegebedürftigem an Fördermitteln aus, Schleswig-Holstein rund 319 Euro und Bayern 137 Euro. Demgegenüber investierten Brandenburg nur 8 Euro und Berlin gar nur 6 Euro pro Person – Rheinland-Pfalz und Sachsen stellten sogar überhaupt keine Landesmittel bereit (Investitionsmittel der Bundesländer für Pflegeeinrichtungen sinken). Diese Zahlen zeigen: Während einige Länder erhebliche Zuschüsse für Pflegeheime leisten, ziehen sich andere nahezu komplett zurück. Bundesweit ist das durchschnittliche Fördervolumen pro Kopf in den letzten Jahren sogar gesunken (2021: 214 €; 2022: 177 €) (Investitionsmittel der Bundesländer für Pflegeeinrichtungen sinken), weil die Zahl der Pflegebedürftigen stark gestiegen ist, ohne dass die Länder ihre Gesamtausgaben entsprechend erhöht haben.
Die direkten Folgen spüren vor allem die Bewohner von Pflegeheimen. Reichen die staatlichen Investitionszuschüsse nicht aus, dürfen Heimbetreiber die sog. Investitionskosten – also Ausgaben für Bau, Instandhaltung, Ausstattung – anteilig auf die Bewohner umlegen (Investitionsmittel der Bundesländer für Pflegeeinrichtungen sinken). Diese zusätzlichen Eigenanteile variieren je nach Bundesland erheblich. Laut IGES lagen 2022 die durchschnittlichen Investitionskosten-Zuschläge in der vollstationären Pflege zwischen 10,31 € pro Tag (Sachsen-Anhalt) und 18,91 € pro Tag (Nordrhein-Westfalen) (Investitionsmittel der Bundesländer für Pflegeeinrichtungen sinken). Für Heimbewohner bedeutet das monatliche Mehrbelastungen von etwa 300 bis über 570 Euro, je nach Standort – im Bundesschnitt etwa 500 € monatlich allein für diesen Posten (Investitionsmittel der Bundesländer für Pflegeeinrichtungen sinken). Diese Summen kommen zusätzlich zu den von der Pflegeversicherung nicht gedeckten Pflegekosten sowie Unterkunft und Verpflegung hinzu. Kein Wunder also, dass die Gesamteigenanteile in einigen Ländern deutlich höher sind als in anderen.
Betrachtet man die durchschnittlichen monatlichen Pflegeheimkosten, ergibt sich ein drastisches Gefälle: In einer Auswertung von 2019 mussten Heimbewohner im Saarland die höchsten Eigenanteile zahlen – im Schnitt 869 € pro Monat aus der eigenen Tasche –, während in Thüringen nur etwa 225 € zu leisten waren (Wie stark unterscheidet sich Pflegequalität zwischen Bundesländern?). Bundesweit lag der Durchschnitt damals bei 581 € monatlich (Wie stark unterscheidet sich Pflegequalität zwischen Bundesländern?). (Diese Zahl bezog sich wahrscheinlich auf den pflegebedingten Eigenanteil; mittlerweile sind durch steigende Löhne und Kosten die Beträge deutlich höher, teilweise über 1.000 € monatlich allein für den Pflege-Eigenanteil.) Nimmt man alle Eigenanteile zusammen (Pflege, Unterkunft, Verpflegung, Investitionen), belief sich der bundesweite Durchschnitt Ende 2019 auf etwa 1.958 € pro Monat (Pflegefinanzierung in regionaler Perspektive: Ergebnisse eines Vier-Länder-Vergleichs zu den Selbstkosten der stationären Langzeitpflege | SpringerLink) (Pflegefinanzierung in regionaler Perspektive: Ergebnisse eines Vier-Länder-Vergleichs zu den Selbstkosten der stationären Langzeitpflege | SpringerLink). Allerdings war die Spannweite groß: Die Bewohner in Nordrhein-Westfalen zahlten insgesamt durchschnittlich 2.448 € im Monat, während in Mecklenburg-Vorpommern im Schnitt 1.357 € fällig wurden (Pflegefinanzierung in regionaler Perspektive: Ergebnisse eines Vier-Länder-Vergleichs zu den Selbstkosten der stationären Langzeitpflege | SpringerLink) – weniger als halb so viel. Diese Unterschiede resultieren aus mehreren Faktoren: unterschiedliche Landesförderung (siehe oben), variierende Personalkosten (in westdeutschen Ländern sind Löhne oft höher als in Ostdeutschland) und verschieden hohe Ausgaben der Einrichtungen für Unterkunft/Verpflegung.
Interessanterweise bedeuten höhere Kosten nicht automatisch bessere Pflegequalität. So wurde festgestellt, dass z.B. in Niedersachsen mit moderaten Eigenanteilen die Pflegequalität genauso gut bewertet wird wie in Baden-Württemberg, wo die Kosten deutlich höher liegen (Wie stark unterscheidet sich Pflegequalität zwischen Bundesländern?). „Niedersachsen beweist, dass Pflege auch gut und günstig sein kann“, kommentierte ein Branchenbericht – dort liegt der Eigenanteil im Mittelfeld, aber die Pflegequalität wurde ähnlich positiv eingeschätzt wie im Musterland Baden-Württemberg (Wie stark unterscheidet sich Pflegequalität zwischen Bundesländern?). Allgemein gibt es keine einfache Korrelation zwischen Preis und Qualität: Ein hoher Eigenanteil kann zwar auf mehr Personal und bessere Ausstattung hindeuten, doch effiziente Strukturen und engagiertes Personal spielen eine ebenso große Rolle. Umgekehrt können niedrige Kosten auch Folge geringerer Löhne sein, was wiederum Personalmangel begünstigt – ein komplexes Bild.
Auch in der ambulanten Pflege existieren länderspezifische Finanzierungsunterschiede. Zwar gelten für ambulante Pflegesachleistungen ebenfalls bundeseinheitliche Pauschalen der Pflegeversicherung, doch die Preisgestaltung der Pflegedienste variiert. Viele Bundesländer haben das System der Leistungskomplexe: Pflegedienste rechnen bestimmte Pakete (z.B. große Morgenpflege, Hauswirtschaft etc.) mit festgelegten Punktwerten ab. Allerdings werden die Preise pro Punkt oft zwischen Verbänden und Kassen auf Landesebene ausgehandelt – und können sogar innerhalb eines Landes je nach Pflegedienst variieren. Einige Länder wie Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz haben hingegen landeseinheitliche Festpreise für Leistungen eingeführt (Wie stark unterscheidet sich Pflegequalität zwischen Bundesländern?). Dies führt dazu, dass derselbe Pflegeeinsatz je nach Bundesland unterschiedlich vergütet wird. Ein Vergleich 2019 zeigte z.B., dass der Leistungskomplex „große Pflege“ (umfasst eine umfassende Grundpflege) in Rheinland-Pfalz mit 25,68 € vergütet wurde, während er in Mecklenburg-Vorpommern nur 14,41 € kostete (Wie stark unterscheidet sich Pflegequalität zwischen Bundesländern?) – ein beinahe doppelt so hoher Preis in RLP. Solche Differenzen liegen an unterschiedlichen Tariflöhnen, Verhandlungsergebnissen und Landesvorgaben. Für Pflegebedürftige können die Eigenkosten der ambulanten Hilfe somit je nach Wohnort variieren, auch wenn die Kassenleistung identisch ist.
Zusammenfassend lässt sich feststellen: Die Finanzierungslast der Pflege ist in Deutschland regional sehr unterschiedlich verteilt. Bundesländer wie NRW oder Bayern investieren einerseits mehr eigene Mittel, was aber nicht immer genügt, um die hohen Kosten für Pflegebedürftige zu senken. Andere Länder wie Berlin oder Sachsen sparen an Investitionshilfen – dort müssen dann die Pflegebedürftigen bzw. deren Familien stärker einspringen. Die Unterschiede zwischen „fortschrittlichen“ Ländern mit hohem Engagement und „rückständigen“ Ländern mit Minimalförderung schlagen sich direkt in den Eigenanteilen und teils auch in der Qualität nieder. Diese finanzielle Fragmentierung ist ein großes Thema in der pflegepolitischen Diskussion, weil sie als ungerecht empfunden wird, wenn z.B. ein Heimplatz in München erheblich teurer ist als einer in Erfurt. Bemühungen, bundeseinheitliche Entlastungen (etwa durch Zuschüsse des Bundes oder eine Reform der Pflegeversicherung) zu schaffen, sind im Gange, aber bislang ist die Pflege eben Ländersache – mit all ihren Konsequenzen für den Geldbeutel.
Pflegeinfrastruktur: Stationäre und ambulante Versorgung im Ländervergleich
Die Pflegeinfrastruktur – also die Gesamtheit der Pflegeangebote – spiegelt die demografischen und politischen Gegebenheiten der jeweiligen Länder wider. Deutschlandweit wurden Ende 2021 knapp 5,0 Millionen Menschen als pflegebedürftig registriert, bis Ende 2023 stieg die Zahl sogar auf etwa 5,7 Millionen (Pflege: Pflegebedürftige in Deutschland — Statistisches Bundesamt). Etwa vier von fünf Pflegebedürftigen werden zuhause versorgt, nur rund ein Fünftel lebt in Pflegeheimen (Pflege: Pflegebedürftige in Deutschland — Statistisches Bundesamt). Dieser Durchschnittswert variiert zwischen den Bundesländern leicht: In ländlich geprägten Flächenländern ist der Anteil häuslich versorgter Pflegebedürftiger oft etwas höher (Brandenburg 82 % (Petition von pflegenden Angehörigen | Ministerium für Gesundheit und Soziales), Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen etc. um 80–85 %), während Stadtstaaten wie Hamburg, Bremen oder Berlin tendenziell einen geringfügig höheren Anteil an stationärer Pflege haben (weil dort familiäre Netze kleiner sind und Heimplätze dichter vorhanden). Grundsätzlich gilt jedoch überall der Grundsatz „ambulant vor stationär“ – niemand soll ins Heim müssen, wenn häusliche oder teilstationäre Pflege möglich ist. Wie konsequent dieses Prinzip umgesetzt wird, unterscheidet sich aber: Manche Länder fördern gezielt ambulante Angebote, andere haben vergleichsweise viele Heimplätze ausgebaut.
Ein Aspekt ist die Anzahl der Pflegeheime und ‑dienste pro Einwohner. Hier spielen historische Entwicklungen eine Rolle. In Westdeutschland existierte bereits vor der Pflegeversicherung (1995) ein umfangreiches Netz an Altenheimen, meist getragen von Kirchen oder Wohlfahrtsverbänden. Ostdeutsche Länder hatten 1990 hingegen einen Nachholbedarf beim Aufbau von Pflegeinfrastruktur. Heute haben die östlichen Bundesländer teilweise weniger stationäre Plätze pro 1000 ältere Einwohner, dafür aber auch weniger Nachfrage, da dort die Bevölkerung insgesamt schrumpft bzw. viele ältere Menschen von ihren Familien versorgt werden. Sachsen-Anhalt oder Thüringen zum Beispiel haben eine sehr alte Bevölkerungsstruktur, zugleich aber geringere Zuwächse an Pflegebedürftigen (weil schon viele alt sind und die Zahl nicht mehr so stark steigt) (Pflegevorausberechnung: 1,8 Millionen mehr Pflegebedürftige bis …). Diese Länder setzen auf den Erhalt der Versorgungsangebote, die vorhanden sind, und investieren punktuell in alternative Wohnformen. Hingegen verzeichnen wirtschaftsstarke Westländer wie Bayern oder Baden-Württemberg wachsende Zahlen an Pflegebedürftigen (bedingt durch Zuwanderung und steigende Lebenserwartung) und müssen entsprechend die Infrastruktur ausbauen (Pflegevorausberechnung: 1,8 Millionen mehr Pflegebedürftige bis …). Bayern hatte 2021 über 89.000 Pflegekräfte (Vollzeitäquivalente) in der Pflege und Betreuung im Einsatz (Die pflegerische Versorgungsstruktur in Bayern), was zeigt, wie groß das System allein in einem Bundesland ist.
Bei der stationären Pflege gibt es regionale Unterschiede in der Auslastung und Ausstattung der Heime. Insgesamt gab es 2021 in Deutschland rund 880.000 Pflegeheimplätze, von denen etwa 771.000 belegt waren (dauerhaft vollstationär) – dazu kommen Kurzzeitpflegeplätze (Unsere Gesundheitsversorgung — Ambulante und stationäre Pflege). In einigen Ballungszentren besteht Wartelisten-Druck auf Heimplätze, während in mancher ländlichen Region kleinere Heime mit Leerstand kämpfen. Die Länder steuern mit Landespflegeplanungen gegen: Sie analysieren den Bedarf und genehmigen neue Heime oder Tagespflegeeinrichtungen gezielt. Zum Beispiel hat NRW als bevölkerungsreichstes Land die meisten Pflegeheime, prüft aber sorgfältig Neuanträge, um Überkapazitäten zu vermeiden. Länder wie Saarland oder Schleswig-Holstein haben eine überdurchschnittlich hohe Heimplatzquote (Saarland historisch bedingt, SH wegen hoher Seniorenanteile und vielen Urlaubern im Alter), wogegen Brandenburg oder Sachsen mehr auf ambulante Pflegedienste und betreutes Wohnen setzen.
Im Bereich ambulante Dienste sind vor allem private und freigemeinnützige Träger aktiv. Hier zeigt sich ein Nord-Süd-Gefälle: In einigen Ländern (z.B. NRW, Niedersachsen) gibt es eine sehr dichte Landschaft ambulanter Pflegedienste – oft mehrere hundert Dienste, teils kleine Familienbetriebe – während dünn besiedelte Länder (Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg) Probleme haben, flächendeckend ambulante Versorgung sicherzustellen. Manche Landesregierungen fördern deshalb innovative Konzepte, etwa mobile Pflege-Teams für ländliche Regionen oder Gemeindeschwestern. Brandenburg hat mit seiner Pflegeoffensive gezielt Pflege im Quartier gestärkt (Nachbarschaftshilfen, Mehrgenerationenhäuser mit Pflegeangeboten), während Baden-Württemberg Modellprojekte für sogenannte Agilpflegeteams in ländlichen Gemeinden auflegt.
Die Pflegeinfrastruktur umfasst auch teilstationäre Angebote wie Tagespflege und alternative Wohnformen. Hier haben einige Länder massiv ausgebaut: Beispielsweise stieg die Zahl der Tagespflegeeinrichtungen bis 2023 auf über 6.500 mit mehr als 106.000 Plätzen (Die Pflegestatistik 2023 — Altenpflege in Deutschland), wobei die Verteilung ungleich ist – Nordrhein-Westfalen und Bayern haben naturgemäß die meisten Einrichtungen, aber auch kleine Länder wie Sachsen hatten einen Boom an Tagespflegen. Alternative Wohnformen (Betreutes Wohnen, ambulant betreute Wohngemeinschaften für Menschen mit Demenz etc.) sind in Berlin, Hamburg und NRW sehr verbreitet, dank städtischer Struktur und größerer Trägervielfalt. In anderen Ländern werden solche Wohnformen noch ausgebaut. Die Landesgesetze begünstigen oder bremsen diese Entwicklung zum Teil: In Baden-Württemberg z.B. unterscheidet das WTPG genau zwischen selbstverantworteten WGs (die von Heimrecht ausgenommen sind) und anbieterverantworteten WGs (die unter Auflagen fallen) ( Überblick Heimgesetzgebung in den Bundesländern — Internetauftritt der AOK-Verlag GmbH). Je nachdem, wie strikt ein Land ambulant betreute Wohngemeinschaften reguliert, florieren sie oder bleiben eine Randerscheinung.
Zusammengefasst besitzt jedes Bundesland eine eigene Pflegelandschaft. Während die Grundelemente – ambulante Dienste, stationäre Heime, Pflegeberatung – überall vorhanden sind, unterscheiden sich Dichte und Ausrichtung: Stadtstaaten haben kurze Wege und viele Angebote auf engem Raum, Flächenländer kämpfen mit Erreichbarkeit und Versorgung im ländlichen Raum. Einige Länder gelten als Vorreiter in bestimmten Bereichen der Infrastruktur: So hat etwa Hamburg einen sehr hohen Anteil an Einbettzimmern in Pflegeheimen, Baden-Württemberg viele alternative Wohnprojekte, Rheinland-Pfalz ein dichtes Netz an Pflegestützpunkten, Sachsen vorbildliche Hospiz- und Palliativangebote. Andere Länder hinken teils hinterher – z.B. klagen Pflegebedürftige in Berlin über zu wenige Kurzzeitpflegeplätze und in Teilen Mecklenburg-Vorpommerns fehlt es an spezialisierten Demenz-WGs. Diese Unterschiede resultieren aus Landeshaushalten, politischer Prioritätensetzung und auch der jeweiligen sozialen Infrastruktur (in einigen Regionen springen Nachbarschaft und Familie stärker ein, in anderen müssen professionelle Dienste mehr leisten).
Landesinitiativen und Best-Practice-Beispiele
Abschließend lohnt ein Blick auf konkrete Beispiele für fortschrittliche oder weniger entwickelte Pflegepolitik in einzelnen Ländern:
- Bayern: Mit dem Landespflegegeld (1.000 € jährlich für Pflegebedürftige) und einem eigenen Landesamt für Pflege hat Bayern eine außergewöhnliche Unterstützungsstruktur geschaffen (Bayerischer Sonderweg in der Pflege). Zudem investiert der Freistaat jährlich hohe Summen (465 Mio. €) in Pflegeplätze, Pflegebonus-Zahlungen und Innovationen (Bayerischer Sonderweg in der Pflege). Dies macht Bayern zu einem Land, das sehr aktiv eigene Akzente setzt – auch wenn manche Maßnahmen wie das Landespflegegeld umstritten sind.
- Brandenburg: Hier zeigt die Pflegeoffensive Wirkung. Durch Quartierskonzepte und Förderung alltagsunterstützender Angebote wurde die häusliche Pflege spürbar gestärkt (Petition von pflegenden Angehörigen | Ministerium für Gesundheit und Soziales). Brandenburg gilt als Vorbild für ländliche Regionen: Anstatt nur auf Heime zu setzen, werden lokale Hilfsangebote geschaffen (z.B. Dorfgemeinschaftshäuser mit Pflegeangebot, Ehrenamtsbörsen für Seniorenhilfe). Die hohe Quote häuslicher Pflege (82 %) (Petition von pflegenden Angehörigen | Ministerium für Gesundheit und Soziales) zeugt von dieser erfolgreichen Strategie.
- Rheinland-Pfalz: Pionier bei der Pflegekammer – seit 2016 existiert eine Landespflegekammer, die Pflegekräfte in berufsständische Selbstverwaltung einbindet (Pflegekammer – Wikipedia). Außerdem war RLP Vorreiter bei der generalistischen Ausbildung (Modellprojekte bereits vor 2020) und fördert innovative Wohn-Pflege-Formen im Rahmen eines Landesgesetzes (Landesgesetz über Wohnformen und Teilhabe). Dies zeigt ein Bemühen, die Pflege zukunftsfähig zu gestalten und den Beruf aufzuwerten.
- Nordrhein-Westfalen: Das bevölkerungsreichste Bundesland hat lange über eine Pflegekammer diskutiert und schließlich eine Kompromisslösung (Pflegevereinigung) beschlossen. Positiv hervorzuheben ist der „Pakt für Pflege“, den NRW 2018 initiierte: Dieser bündelt zahlreiche Maßnahmen zur Fachkräftegewinnung (z.B. Ausbildungsverbünde) und zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen. Zudem unterstützt NRW Kommunen dabei, lokale Pflegenetzwerke aufzubauen (etwa zur besseren Vereinbarkeit von Pflege und Beruf). Gleichzeitig hat NRW aber auch sehr hohe Eigenanteile in Heimen (teils Spitzenreiter bei Kosten), was eine Herausforderung bleibt (Investitionsmittel der Bundesländer für Pflegeeinrichtungen sinken).
- Sachsen/Thüringen: Diese ostdeutschen Länder haben vergleichsweise niedrige Pflegekosten für Bewohner – bedingt durch geringere Löhne und umfangreiche familiäre Pflege. Thüringen startete einen „Thüringer Pflegepakt“ (2012–2015) zur Verbesserung des Pflegeimages und der Ausbildung, dessen Ergebnisse jedoch begrenzt blieben. In Sachsen gibt es seit 2021 eine Landespflegeagentur, die Fachkräftevermittlung und Beratung koordiniert. Beide Länder stehen vor der Aufgabe, trotz knapper Kassen die Versorgung in schrumpfenden Regionen sicherzustellen – und gelten als eher rückständig bei Investitionen (Sachsen 0 € Landesmittel 2022) (Investitionsmittel der Bundesländer für Pflegeeinrichtungen sinken), was auf Dauer problematisch sein kann.
Diese Beispiele verdeutlichen, wie unterschiedlich die Pflegepolitik auf Landesebene gestaltet wird. Fortschrittliche Länder zeichnen sich oft dadurch aus, dass sie eigene Gelder in die Hand nehmen, neue Strukturen wagen und auf Zusammenarbeit aller Akteure setzen. Rückständige Länder hingegen fallen auf durch geringe finanzielle Beteiligung, zögerliche Modernisierung der Infrastruktur oder das Fehlen kreativer Initiativen. Natürlich sind diese Bewertungen immer relativ – jedes Bundesland hat Stärken und Schwächen. Wichtig ist, dass gute Modelle Schule machen: Der föderale Wettbewerb kann dazu führen, dass erfolgreiche Konzepte (etwa Brandenburgs Quartiersansatz oder Bayerns Finanzierungspakete) von anderen übernommen werden.
Gesetzliche Regelungen und Landesgesetze
Als Ländersache unterliegt die Pflege einer Vielzahl von landesspezifischen Gesetzen und Verordnungen. Neben den bereits erwähnten Landesheimgesetzen gibt es weitere gesetzliche Regelungen, die je nach Bundesland variieren:
- Landespflegegesetze: Einige Länder haben ein eigenes Landespflegegesetz oder Altenpflegegesetz, das z.B. die Pflegeplanung, die Rolle der Kommunen in der Pflege oder die Einrichtung von Pflegekonferenzen regelt. In NRW etwa existiert das Alten- und Pflegegesetz NRW (APG NRW), das zusammen mit dem WTG die Rahmenbedingungen setzt (u.a. Förderung von Angeboten zur Unterstützung im Alltag). Andere Länder bündeln Pflegeaspekte in Sozialgesamtkonzepten.
- Ausbildungsgesetze und Verordnungen: Jedes Land hat ergänzend zum Pflegeberufegesetz eigene Verordnungen erlassen, etwa über Mindestanforderungen an Pflegeschulen oder zur Finanzierung der Ausbildung (Landesgesetzliche Regelungen: Pflegeausbildung) (Landesgesetzliche Regelungen: Pflegeausbildung). Beispiel: Baden-Württemberg hat eine Verordnung über die Mindestanforderungen an Pflegeschulen erlassen (Landesgesetzliche Regelungen: Pflegeausbildung). Diese Details können Einfluss darauf haben, wie qualitativ hochwertig und zahlreich Ausbildungseinrichtungen sind.
- Personal- und Qualitätsvorgaben: Während grundlegende Personalvorgaben in Pflegeheimen bundesweit durch Vereinbarungen der Pflegekassen festgelegt werden, haben einige Länder zusätzliche Standards. So können Landesheimbauverordnungen bestimmen, wie viele Einzelzimmer ein Neubau haben muss, oder Personalverordnungen legen fest, welches Qualifikationsmix im Heim sein soll. Hamburg z.B. verlangt einen höheren Fachkraftanteil als manch anderes Land. Solche Regelungen fließen in die Betriebserlaubnis von Einrichtungen ein.
- Pflegestrukturgesetze: Manche Länder erlassen Gesetze zur Förderung bestimmter Versorgungsformen. Ein Beispiel ist das (inzwischen ausgelaufene) Gesetz über selbstbestimmtes Wohnen mit Unterstützung in Rheinland-Pfalz, das ambulant betreute Wohngemeinschaften erleichterte. Bayern arbeitet an einer Novellierung seines PfleWoqG, um neuen Wohnformen besser Rechnung zu tragen ( Überblick Heimgesetzgebung in den Bundesländern — Internetauftritt der AOK-Verlag GmbH).
- Unterstützung pflegender Angehöriger: Hier gibt es länderspezifische Programme, teils gesetzlich verankert (z.B. Landespflegegeld in Bayern per Gesetzesbeschluss, oder Landesbestimmungen zur Anerkennung von Pflegezeiten im Beamtenrecht eines Landes). Die meisten Regelungen für Angehörige (Pflegezeit, Familienpflegezeit) sind zwar Bundesrecht, doch einige Länder bieten zusätzliche Urlaubsregelungen für Landesbedienstete oder finanzielle Bonusprogramme an.
Insgesamt sorgt der Strauß an Landesgesetzen dafür, dass das rechtliche Umfeld der Pflege von Kiel bis München verschieden ist. Was in einem Bundesland Pflicht ist, kann im anderen freiwillig oder unbekannt sein. So gibt es in einigen Ländern Heimbeiräte und Beschwerdestellen mit klar geregelten Rechten, während anderswo die Mitbestimmung weniger stark ausgeprägt ist. Die föderale Vielfalt ermöglicht Anpassungen an regionale Bedürfnisse, erschwert aber auch die Durchschaubarkeit. Pflegeanbieter, die in mehreren Ländern tätig sind, müssen unterschiedliche Rechtsvorschriften beachten. Für Pflegebedürftige und Angehörige ist dies mitunter verwirrend; sie bemerken es beispielsweise daran, dass ein Umzug in ein anderes Bundesland andere Antragswege oder Leistungsangebote mit sich bringt.
Fazit: Chancen und Herausforderungen des föderalen Pflegesystems
Die Tatsache, dass Pflege in Deutschland Ländersache ist, hat zwei Seiten. Auf der einen Seite erlaubt sie den Bundesländern, kreative und passgenaue Lösungen für die jeweiligen regionalen Herausforderungen zu entwickeln. Gute Beispiele wie das Brandenburger Quartiersmodell oder das bayerische Finanzpaket wären in einem zentralistischen System vielleicht so nicht entstanden. Der Wettbewerb der Länder kann Innovation fördern und erfolgreichere Modelle hervorbringen, von denen andere lernen können.
Auf der anderen Seite führt die föderale Vielfalt auch zu Ungleichheiten. Zugangschancen, Qualität und finanzielle Belastungen in der Pflege hängen vom Wohnort ab – was innerhalb eines Sozialversicherungssystems als problematisch empfunden wird. Pflegebedürftige in einem „pflegefreundlichen“ Bundesland haben tendenziell mehr Unterstützung und müssen eventuell weniger zuzahlen als in einem Land, das der Pflege einen geringeren Stellenwert einräumt. Dies wird zunehmend erkannt: Bundesweite Berichte machen die Unterschiede transparent, und es gibt Rufe nach mehr bundeseinheitlichen Standards oder Ausgleichsmechanismen. So forderte etwa der Pflegebeauftragte der Bundesregierung wiederholt, die Länder sollten ihrer Verantwortung stärker nachkommen, sonst müsse über neue Finanzierungswege nachgedacht werden. Auch wird diskutiert, ob Elemente wie die Pflegeausbildung oder die Pflegekammern nicht doch besser einheitlich gestaltet werden sollten, um berufliche Mobilität und Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse sicherzustellen.
Bis auf Weiteres bleibt jedoch die Pflege ein Beispiel für gelebten Föderalismus. Stationäre und ambulante Pflege werden vor Ort von Ländern und Kommunen geprägt – mit all den beschriebenen Unterschieden. Für Bürgerinnen und Bürger ist es wichtig, diese Hintergründe zu kennen: Pflegeleistungen mögen von der Kasse kommen, aber die Rahmenbedingungen setzt das Bundesland. Wer sich etwa darüber wundert, warum in seinem Bundesland die Warteliste fürs Pflegeheim lang ist oder warum es keine Pflegekammer gibt, wird die Erklärung oft in landespolitischen Entscheidungen finden. Ebenso können positive Entwicklungen – neue Tagespflegeplätze, bessere Beratungsangebote, innovative Wohnprojekte – auf engagierte Landespolitik zurückgeführt werden.
Fazit: Die Pflege als Ländersache macht Deutschland zu einem Labor verschiedener Ansätze. Einige Bundesländer gehen mit gutem Beispiel voran und zeigen, wie man Pflege zukunftsfähig gestaltet, andere tun sich noch schwer. Für die Zukunft der Pflege wird entscheidend sein, wie die Länder miteinander und mit dem Bund kooperieren, um den steigenden Pflegebedarf zu bewältigen. Eine stärkere Vereinheitlichung an entscheidenden Stellen (etwa bei Qualitätsstandards oder der Entlastung pflegebedürftiger Menschen von Kosten) könnte helfen, die größte Ungerechtigkeit abzubauen. Gleichzeitig sollte der positive Wettbewerb um gute Lösungen beibehalten werden. Am Ende wünschen sich alle Bundesländer das Gleiche: eine würdevolle, qualitativ hochwertige Pflege für die Menschen – ob zu Hause oder im Heim. Der Weg dorthin mag unterschiedlich sein, aber das Ziel eint alle. Die Herausforderungen von Personalnot, Finanzierung und demografischem Wandel können nur gemeinsam – auf Landes- und Bundesebene – gemeistert werden. Pflege in Deutschland bleibt somit spannend und in Bewegung, geprägt von 16 Ländern, die voneinander lernen können und müssen, um die Pflege zukunftssicher zu machen.
Quellen: Die dargestellten Fakten und Statistiken stammen aus verschiedenen aktuellen Quellen, u.a. offiziellen Berichten und Forschungsinstituten. Beispielsweise beleuchtet ein IGES-Gutachten 2024 die unterschiedlichen Investitionsmittel der Länder für Pflegeheime (Investitionsmittel der Bundesländer für Pflegeeinrichtungen sinken) (Investitionsmittel der Bundesländer für Pflegeeinrichtungen sinken), während die Pflegestatistik (Destatis) und Branchenreports regionale Kosten- und Qualitätsunterschiede aufzeigen (Wie stark unterscheidet sich Pflegequalität zwischen Bundesländern?) (Wie stark unterscheidet sich Pflegequalität zwischen Bundesländern?). Details zur Pflegeausbildung nach Bundesland liefert das BIBB (BIBB / Pflegehilfe und Pflegeassistenz), und konkrete Landesbeispiele wurden Pressemitteilungen und Fachdiensten entnommen (etwa Bayern (Bayerischer Sonderweg in der Pflege), Brandenburg (Petition von pflegenden Angehörigen | Ministerium für Gesundheit und Soziales), Rheinland-Pfalz). Diese Vielfalt an Quellen unterstreicht die Vielschichtigkeit des Themas „Pflege als Ländersache“.