Pflegegrad 4 bei Kindern: Voraussetzungen, Pflegegeld & Hilfen im Überblick

Wenn ein Kind schwer pfle­ge­be­dürf­tig ist, bedeu­tet das für Fami­li­en oft eine täg­li­che Her­aus­for­de­rung. Der Pfle­ge­grad 4 wird dann ver­ge­ben, wenn eine schwers­te Beein­träch­ti­gung der Selbst­stän­dig­keit vor­liegt – z. B. auf­grund kör­per­li­cher Behin­de­run­gen, chro­ni­scher Erkran­kun­gen oder kogni­ti­ver Ein­schrän­kun­gen. Eltern kön­nen und soll­ten in sol­chen Fäl­len gezielt auf Unter­stüt­zung zurückgreifen.

In die­sem Bei­trag erfah­ren Sie alles über:

  • Die Vor­aus­set­zun­gen für Pfle­ge­grad 4 bei Kindern
  • Wel­che Leis­tun­gen und Pfle­ge­gel­der Fami­li­en erhalten
  • Den Ablauf des Antrags
  • Häu­fi­ge Fra­gen und Tipps aus der Praxis

Was bedeutet Pflegegrad 4 bei Kindern?

Pfle­ge­grad 4 wird ver­ge­ben, wenn ein Kind in hohem Maße auf Hil­fe bei all­täg­li­chen Ver­rich­tun­gen ange­wie­sen ist – und zwar dau­er­haft. Dabei wird das Ver­hal­ten mit gesun­den Gleich­alt­ri­gen ver­gli­chen. Schon früh­ge­bo­re­ne oder schwer mehr­fach­be­hin­der­te Kin­der kön­nen infra­ge kommen.

Pflegegrad 4 im Begutachtungssystem:

Die Pfle­ge­kas­se ver­gibt Pfle­ge­grad 4 bei einer Punkt­zahl von 70 bis unter 90 Punk­ten im offi­zi­el­len Bewer­tungs­sys­tem des Medi­zi­ni­schen Dienstes.

Voraussetzungen für Pflegegrad 4 bei Kindern

Damit Pfle­ge­grad 4 aner­kannt wird, müs­sen fol­gen­de Kri­te­ri­en erfüllt sein:

  • Schwer­wie­gen­de kör­per­li­che, geis­ti­ge oder see­li­sche Einschränkungen
  • Der Pfle­ge­be­darf muss vor­aus­sicht­lich über min­des­tens sechs Mona­te bestehen
  • Die Beur­tei­lung erfolgt durch den Medi­zi­ni­schen Dienst (MD) oder Medic­pro­of (für Privatversicherte)
  • Die Bewer­tung basiert auf sechs Modu­len (z. B. Mobi­li­tät, Selbst­ver­sor­gung, kogni­ti­ve Fähigkeiten)

Typische Beispiele für Pflegegrad 4:

  • Kin­der mit schwe­rer Cerebralparese
  • Kin­der mit schwe­ren neu­ro­lo­gi­schen Erkran­kun­gen (z. B. Epi­lep­sie, SMA)
  • Kin­der mit mehr­fa­chen geis­ti­gen und kör­per­li­chen Einschränkungen
  • Pfle­ge­be­dürf­ti­ge Kin­der mit Tra­cheo­sto­ma oder künst­li­cher Ernährung

Leistungen bei Pflegegrad 4 für Kinder

Mit Pfle­ge­grad 4 erhal­ten Fami­li­en einen umfang­rei­chen Leis­tungs­ka­ta­log – finan­zi­ell, orga­ni­sa­to­risch und pfle­ge­risch. Die Leis­tun­gen kön­nen indi­vi­du­ell kom­bi­niert werden.

Übersicht: Pflegegrad 4 Leistungen (Stand 2025)

Leis­tungHöhe / Umfang
Pfle­ge­geld800 € monat­lich bei häus­li­cher Pflege
Pfle­ge­sach­leis­tun­genbis zu 1.859 € monat­lich für ambu­lan­te Dienste
Kom­bi­na­ti­ons­leis­tungantei­li­ge Aus­zah­lung von Sach- und Pflegegeld
Ent­las­tungs­be­trag131 € monat­lich (z. B. für Haushaltshilfen)

Gemein­sa­mer Jah­res­be­trag (§ 42a)
- Kurz­zeit­pfle­ge (§ 42)
- Ver­hin­de­rungs­pfle­ge (§ 39)
3.529 €
Tages- und Nachtpflegebis zu 1.685 € monatlich
Pfle­ge­hilfs­mit­tel42 € monat­lich (z. B. Einmalhandschuhe)
Wohn­raum­an­pas­sungbis zu 4.180 € einmalig
Pfle­ge­be­ra­tung (§37.3 SGB XI)Ver­pflich­tend bei Pfle­ge­geld­be­zug – kostenfrei

Pflegegrad 4 bei Kindern beantragen: So geht’s

  1. Antrag bei der Pfle­ge­kas­se stel­len
    Ein form­lo­ses Schrei­ben genügt. Vie­le Kas­sen bie­ten Online-For­mu­la­re an.
  2. Vor­be­rei­tung mit Pfle­ge­ta­ge­buch & Unter­la­gen
    Notie­ren Sie täg­lich, wel­che Hil­fen im All­tag nötig sind. Ärzt­li­che Berich­te, Kita-/Schul-Ein­schät­zun­gen und Ent­wick­lungs­do­ku­men­ta­tio­nen sind hilfreich.
  3. Begut­ach­tung durch den MD (Medi­zi­ni­scher Dienst)
    Die Bewer­tung erfolgt anhand des “Neu­en Begut­ach­tungs­as­sess­ments” (NBA) bei einem Hausbesuch.
  4. Bescheid abwar­ten oder Wider­spruch ein­le­gen
    Sie kön­nen inner­halb von 4 Wochen nach Bescheid Wider­spruch ein­le­gen, falls Sie den Pfle­ge­grad für unzu­rei­chend halten.

Pflegegrad 4 bei psychischen oder geistigen Erkrankungen

Nicht nur kör­per­lich schwer erkrank­te Kin­der kön­nen Pfle­ge­grad 4 erhal­ten. Auch bei aus­ge­präg­ten geis­ti­gen oder psy­chi­schen Erkran­kun­gen ist dies möglich:

  • Schwe­re For­men von Autismus
  • Pro­fun­de geis­ti­ge Behinderung
  • Stark aus­ge­präg­te ADHS mit Fremdgefährdung
  • Ess-/Schluck­stö­run­gen mit PEG-Sonde
  • Psy­chi­sche Trau­ma­ta mit voll­stän­di­ger Alltagsabhängigkeit

Die Pfle­ge­be­dürf­tig­keit muss aller­dings ein­deu­tig doku­men­tiert und im All­tag spür­bar sein.

Tipps für Eltern betroffener Kinder

Pfle­ge­be­ra­tung regel­mä­ßig nut­zen – auch zur bes­se­ren Aus­schöp­fung von Kom­bileis­tun­gen
Kin­der­ärz­te und The­ra­peu­ten ein­bin­den – für eine gute medi­zi­ni­sche Doku­men­ta­ti­on
Pfle­ge­diens­te recht­zei­tig anfra­gen – ins­be­son­de­re in länd­li­chen Regio­nen
Ach­ten Sie auf Ent­las­tung – nut­zen Sie Ver­hin­de­rungs- und Kurzzeitpflege

Fazit: Pflegegrad 4 bietet intensive Unterstützung – und ist ein wichtiges Signal

Pfle­ge­grad 4 stellt eine wich­ti­ge Aner­ken­nung der Pfle­ge­si­tua­ti­on dar – und eröff­net betrof­fe­nen Fami­li­en den Zugang zu spür­ba­rer finan­zi­el­ler, prak­ti­scher und psy­cho­so­zia­ler Ent­las­tung. Je bes­ser der Antrag vor­be­rei­tet wird, des­to grö­ßer sind die Chan­cen auf eine gerech­te Einstufung.

Zögern Sie nicht, Unter­stüt­zung ein­zu­ho­len – Ihr Kind hat ein Recht auf Pfle­ge und Förderung.

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