ADHS bei Kindern: Pflegeaufwand, Pflegegrad und Unterstützung für Eltern

Der All­tag mit einem Kind, das an ADHS (Auf­merk­sam­keits­de­fi­zit-/Hy­per­ak­ti­vi­täts­stö­rung) lei­det, stellt Fami­li­en vor beson­de­re Her­aus­for­de­run­gen (Wie Sie für Ihr Kind mit ADHS einen Pfle­ge­grad erhal­ten…). Neben der Erzie­hung und För­de­rung des Kin­des müs­sen Eltern oft einen erhöh­ten Pfle­ge­auf­wand stem­men – sei es durch stän­di­ge Beauf­sich­ti­gung, Hil­fe­stel­lun­gen im täg­li­chen Leben oder das Orga­ni­sie­ren von The­ra­pie und Schu­le. Die­ser Blog­bei­trag gibt einen Über­blick über ADHS bei Kin­dern und typi­sche Sym­pto­me, beleuch­tet die Her­aus­for­de­run­gen im All­tag und den Mehr­auf­wand für Eltern, erklärt die Ein­stu­fung in Pfle­ge­gra­de inklu­si­ve Begut­ach­tung und Kri­te­ri­en und zeigt, wel­che Leis­tun­gen die Pfle­ge­ver­si­che­rung betrof­fe­nen Fami­li­en bie­tet. Zudem stel­len wir wei­te­re Hil­fen und Ent­las­tungs­an­ge­bo­te vor und geben prak­ti­sche Tipps, wie Eltern den All­tag mit einem ADHS-Kind struk­tu­rie­ren und Unter­stüt­zung fin­den können.

Was ist ADHS? – Symptome bei Kindern kurz erklärt

ADHS ist eine neu­ro­psych­ia­tri­sche Stö­rung, die meist im Kin­des­al­ter auf­tritt. Typisch sind drei Kern­sym­pto­me: Auf­merk­sam­keits­stö­run­gen, Hyper­ak­ti­vi­tät und Impul­si­vi­tät. Kin­der mit ADHS kön­nen sich nur schwer kon­zen­trie­ren, sind leicht ablenk­bar, oft­mals über­mä­ßig unru­hig oder zap­pe­lig und nei­gen zu vor­schnel­lem, unüber­leg­tem Han­deln (sie kön­nen z.B. nur schwer abwar­ten) (Wie Sie für Ihr Kind mit ADHS einen Pfle­ge­grad erhal­ten…). Wich­tig ist, dass alle Kin­der gele­gent­lich unauf­merk­sam oder wild sind – bei ADHS tre­ten die­se Ver­hal­tens­wei­sen jedoch deut­lich häu­fi­ger und extre­mer auf als bei Gleich­alt­ri­gen. Die Auf­fäl­lig­kei­ten zei­gen sich über einen län­ge­ren Zeit­raum (min­des­tens sechs Mona­te) in ver­schie­de­nen Lebens­be­rei­chen (z.B. zuhau­se und in der Schu­le) ( Krank­heits­bild & Sym­pto­me » ADHS — Auf­merk­sam­keits-Defi­zit-Hyper­ak­ti­vi­täts-Stö­rung » Kin­der­krank­hei­ten, Kin­der- und Jugend­ge­sund­heit » Start­sei­te » Kin­der­aerz­te-im-Netz). Unbe­han­delt kann ADHS den All­tag des Kin­des und der Fami­lie stark beein­träch­ti­gen: Das Ler­nen fällt schwer, es kommt oft zu Kon­flik­ten, und die betrof­fe­nen Kin­der erle­ben häu­fi­ger Miss­erfol­ge im sozia­len Mit­ein­an­der (ADHS: Sym­pto­me, Ursa­chen und Behand­lung | gesund.bund.de) (ADHS: Sym­pto­me, Ursa­chen und Behand­lung | gesund.bund.de). ADHS ist dabei kei­ne sel­te­ne Erschei­nung – Schät­zun­gen zufol­ge sind etwa 5 % der Kin­der von ADHS betrof­fen. Für Eltern sol­cher Kin­der stellt sich oft die Fra­ge, wie sie dem hohen Betreu­ungs­be­darf gerecht wer­den kön­nen und wel­che Unter­stüt­zung es gibt (Wie Sie für Ihr Kind mit ADHS einen Pfle­ge­grad erhal­ten…).

Alltag mit ADHS: Herausforderungen und erhöhter Pflegeaufwand

Der All­tag mit einem ADHS-Kind erfor­dert von Eltern außer­or­dent­lich viel Geduld, Kon­se­quenz und Ener­gie. Nor­ma­le Abläu­fe wie Auf­ste­hen, Anzie­hen, Essen oder das Ins-Bett-Gehen ent­wi­ckeln sich bei einem Kind mit ADHS häu­fig zu täg­li­chen Kraft­pro­ben, die von stän­di­gen Ermah­nun­gen und Wie­der­ho­lun­gen beglei­tet sind (ADHS im All­tag: 6 Tipps mit denen Sie Ihr Kind sinn­voll unter­stüt­zen). Vie­le Kin­der mit ADHS benö­ti­gen außer­ge­wöhn­lich viel Anlei­tung und Über­wa­chung – weit mehr, als bei gleich­alt­ri­gen Kin­dern üblich wäre. Ent­spre­chend hoch ist der Betreu­ungs­auf­wand im Fami­li­en­all­tag (Wie Sie für Ihr Kind mit ADHS einen Pfle­ge­grad erhal­ten…).

Beson­ders her­aus­for­dernd sind zum Beispiel:

  • die Orga­ni­sa­ti­on eines struk­tu­rier­ten Tages­ab­laufs mit fes­ten Rou­ti­nen (viel Pla­nung und stän­di­ge Erin­ne­rung notwendig),
  • die inten­si­ve Beglei­tung bei Haus­auf­ga­ben und schu­li­schen Anfor­de­run­gen (häu­fi­ge Hil­fe­stel­lung, Über­wa­chung und Moti­va­ti­on des Kindes),
  • die emo­tio­na­le Unter­stüt­zung bei sozia­len Schwie­rig­kei­ten (das Kind bei Frus­tra­ti­on, Wut­aus­brü­chen oder Kon­flik­ten beru­hi­gen und anleiten),
  • sowie das Bewäl­ti­gen häu­fi­ger Kon­flikt­si­tua­tio­nen im All­tag, etwa wegen Regel­ver­stö­ßen oder impul­si­vem Ver­hal­ten des Kindes.

Eltern unter­stüt­zen ihr Kind bei den Haus­auf­ga­ben. Kin­der mit ADHS benö­ti­gen oft beson­de­re Hil­fe und viel Struk­tur, um schu­li­sche und schul­or­ga­ni­sa­to­ri­sche Auf­ga­ben zu bewäl­ti­gen.

All die­se Aspek­te der Betreu­ung erfor­dern ein hohes Maß an Zeit und Geduld. Vie­le Eltern sto­ßen dadurch an ihre Belas­tungs­gren­zen (Wie Sie für Ihr Kind mit ADHS einen Pfle­ge­grad erhal­ten…). In schwe­ren Fäl­len ist sogar eine nahe­zu durch­ge­hen­de Auf­sicht rund um die Uhr nötig, damit das Kind sich nicht selbst in Gefahr bringt oder ande­ren Scha­den zufügt. So müs­sen eini­ge Kin­der mit stark aus­ge­präg­ter ADHS z.B. stän­dig im Auge behal­ten wer­den, weil sie sonst unver­mit­telt weg­lau­fen oder durch impul­si­ves Ver­hal­ten Unfäl­le pro­vo­zie­ren könn­ten. Auch beim Essen oder ande­ren All­tags­ak­ti­vi­tä­ten ist oft die per­ma­nen­te Prä­senz eines Eltern­teils erfor­der­lich (Pfle­ge­grad bei Kin­dern mit ADHS oder ADS). Die­ser erhöh­te Pfle­ge- und Betreu­ungs­auf­wand kann Eltern kör­per­lich wie see­lisch erschöp­fen. Umso wich­ti­ger ist es, früh­zei­tig nach Unter­stüt­zung zu suchen – sei es im fami­liä­ren Umfeld, bei pro­fes­sio­nel­len Stel­len oder durch finan­zi­el­le Hil­fen. In vie­len Fäl­len kann die Pfle­ge­ver­si­che­rung ein­sprin­gen, wenn die Pfle­ge und Betreu­ung eines ADHS-Kin­des über das nor­ma­le Maß hinausgeht.

Einstufung in Pflegegrade bei ADHS: Kriterien, Begutachtung und Tipps

Ob ein Kind mit ADHS einen Pfle­ge­grad erhält, hängt davon ab, inwie­weit es im Ver­gleich zu gesun­den Gleich­alt­ri­gen auf Hil­fe ange­wie­sen ist. Laut §14 SGB XI gilt ein Mensch als pfle­ge­be­dürf­tig, wenn auf­grund von gesund­heit­li­chen Beein­träch­ti­gun­gen in erheb­li­chem Maße Hil­fe benö­tigt wird – und die­ser Zustand vor­aus­sicht­lich min­des­tens sechs Mona­te andau­ert. Bei Kin­dern wird also der indi­vi­du­el­le Unter­stüt­zungs­be­darf immer am alters­ent­spre­chen­den Ent­wick­lungs­stand gemes­sen. Aus­schlag­ge­bend ist nicht die ADHS-Dia­gno­se an sich, son­dern ob der Betreu­ungs- und Pfle­ge­auf­wand deut­lich über dem übli­chen Bedarf eines gleich­alt­ri­gen Kin­des liegt (Wie Sie für Ihr Kind mit ADHS einen Pfle­ge­grad erhal­ten…). Ist dies der Fall – etwa weil das Kind vie­le all­täg­li­che Din­ge (Anzie­hen, Hygie­ne, Essen, etc.) nicht selbst­stän­dig kann oder stän­dig beauf­sich­tigt wer­den muss – kann ein Pfle­ge­grad bean­tragt werden.

Wie läuft die Pfle­ge­grad-Ein­stu­fung ab? Zunächst muss ein Antrag bei der Pfle­ge­ver­si­che­rung gestellt wer­den (form­los bei der Pfle­ge­kas­se der eige­nen Kran­ken­kas­se). Die Pfle­ge­kas­se beauf­tragt dann den Medi­zi­ni­schen Dienst (MD) – bei gesetz­lich Ver­si­cher­ten den MDK – mit einer Begut­ach­tung. Eine Gut­ach­terin ver­ein­bart einen Ter­min und besucht das Kind im häus­li­chen Umfeld, um den Pfle­ge­be­darf ein­zu­schät­zen (Leis­tun­gen aus Pfle­ge­ver­si­che­rung bei ADHS). Bei die­sem Ter­min wer­den die Fähig­kei­ten des Kin­des in ver­schie­de­nen Lebens­be­rei­chen geprüft. Seit 2017 gibt es ein neu­es Begut­ach­tungs­sys­tem, das vor allem die Selbst­stän­dig­keit einer Per­son in den Vor­der­grund stellt. Es wer­den sechs Modu­le betrach­tet, unter ande­rem: Mobi­li­tät, kogni­ti­ve und kom­mu­ni­ka­ti­ve Fähig­kei­ten, Ver­hal­tens­wei­sen und psy­chi­sche Pro­blem­la­gen, Selbst­ver­sor­gung, Umgang mit krank­heits­be­ding­ten Anfor­de­run­gen sowie Gestal­tung des All­tags­le­bens und sozia­ler Kon­tak­te (Pfle­ge­gra­de bei ADHS | ADHS Deutsch­land e. V.). Gera­de bei ADHS spie­len zwei Berei­che eine gro­ße Rol­le: Zum einen Ver­hal­tens­wei­sen und psy­chi­sche Pro­blem­la­gen – hier wird erfasst, ob z.B. oppo­si­tio­nel­les oder aggres­si­ves Ver­hal­ten, Wut­an­fäl­le oder star­ke Ängs­te regel­mä­ßi­ge Hil­fe nötig machen. Zum ande­ren krank­heits- oder the­ra­pie­be­ding­te Anfor­de­run­gen – also ob z.B. täg­lich Medi­ka­men­te ver­ab­reicht wer­den müs­sen, häu­fi­ge Arzt­be­su­che oder The­ra­pie­ter­mi­ne anfal­len und ob das Kind The­ra­pie­übun­gen zuhau­se allei­ne durch­füh­ren kann (Wie Sie für Ihr Kind mit ADHS einen Pfle­ge­grad erhal­ten…). Natür­lich flie­ßen auch kör­per­li­che oder pfle­ge­ri­sche Aspek­te mit ein: So wird z.B. bewer­tet, wie selbst­stän­dig sich das Kind an- und aus­zie­hen kann, ob es bei der Kör­per­pfle­ge (Waschen, Zäh­ne­put­zen etc.) Hil­fe braucht, ob es ein Gefühl für Zeit und Tages­ab­läu­fe hat und inwie­fern es Ver­ein­ba­run­gen ein­hal­ten kann. All die­se Fak­to­ren wer­den vom Gut­ach­ter in Punk­ten erfasst, aus denen am Ende der Pfle­ge­grad ermit­telt wird (Leis­tun­gen aus Pfle­ge­ver­si­che­rung bei ADHS). Je höher der Grad der Unselbst­stän­dig­keit, des­to höher der Pfle­ge­grad (es gibt Pfle­ge­grad 1 bis 5) (Pfle­ge­grad bei Kin­dern mit ADHS oder ADS).

Prak­ti­sche Vor­be­rei­tung auf die Begut­ach­tung: Eltern kön­nen eini­ges tun, um der Begut­ach­tung opti­mal vor­zu­be­rei­ten. Wich­tig ist, alle rele­van­ten Unter­la­gen bereit­zu­hal­ten: Dazu gehö­ren ärzt­li­che Dia­gno­sen und Befun­de, Berich­te von Ärz­ten oder Kli­ni­ken (mög­lichst der letz­ten 12 Mona­te) und ggf. ein aktu­el­ler Medi­ka­ti­ons­plan. Sehr hilf­reich ist es außer­dem, ein Pfle­ge­ta­ge­buch zu füh­ren, in dem über wenigs­tens zwei Wochen alle täg­li­chen Pflege‑, Betreu­ungs- und Unter­stüt­zungs­leis­tun­gen für das Kind pro­to­kol­liert wer­den (Wie Sie für Ihr Kind mit ADHS einen Pfle­ge­grad erhal­ten…). Dar­in soll­te z.B. ste­hen, wobei das Kind über­all Hil­fe braucht, wie oft Auf­sicht nötig ist, wie lan­ge bestimm­te Ver­rich­tun­gen dau­ern, und wel­che beson­de­ren Vor­komm­nis­se (Wut­an­fäl­le, Unru­he in der Nacht etc.) auf­tre­ten (Leis­tun­gen aus Pfle­ge­ver­si­che­rung bei ADHS). Die­ses Pro­to­koll gibt dem Gut­ach­ter ein rea­lis­ti­sche­res Bild vom All­tag, als es die Moment­auf­nah­me des Ter­mins allein kann (Leis­tun­gen aus Pfle­ge­ver­si­che­rung bei ADHS).

Beim Begut­ach­tungs­ter­min selbst ist es rat­sam, fol­gen­de Tipps zu beach­ten (Wie Sie für Ihr Kind mit ADHS einen Pfle­ge­grad erhal­ten…):

  • Ruhi­ge Atmo­sphä­re schaf­fen: Sor­gen Sie dafür, dass der Ter­min unge­stört statt­fin­den kann (wenn mög­lich kei­ne Besu­cher oder Ablenkungen).
  • Kind nur dosiert ein­be­zie­hen: Es reicht, wenn das Kind zu Beginn dabei ist, um Fra­gen zu beant­wor­ten oder etwas vor­zu­zei­gen. Danach kann es – z.B. nach Abspra­che mit dem Gut­ach­ter – den Raum ver­las­sen oder ander­wei­tig beschäf­tigt wer­den (Leis­tun­gen aus Pfle­ge­ver­si­che­rung bei ADHS). So muss das Kind nicht das gesam­te Gespräch über sei­ne „Defi­zi­te“ anhören.
  • Offen und ehr­lich über Pro­ble­me spre­chen: Beschö­ni­gen Sie nichts. Schil­dern Sie dem Gut­ach­ter ehr­lich, wel­che Schwie­rig­kei­ten und Belas­tun­gen im All­tag auf­tre­ten, selbst wenn es im Moment des Ter­mins viel­leicht gera­de ruhig ist.
  • Kon­kre­te Bei­spie­le nen­nen: Machen Sie klar, wobei und wie oft Ihr Kind Hil­fe braucht. Zum Bei­spiel: „Mein Sohn kann sich nicht allei­ne anzie­hen, ich brau­che jeden Mor­gen min­des­tens 30 Minu­ten, um ihn fer­tig zu machen.“ Sol­che Bei­spie­le ver­an­schau­li­chen den Mehraufwand.
  • Pfle­ge­ta­ge­buch über­ge­ben: Zei­gen Sie dem Gut­ach­ter Ihr zuvor erstell­tes Pfle­ge­ta­ge­buch oder eine Lis­te der Betreu­ungs­auf­wän­de. Gehen Sie die wich­tigs­ten Punk­te gemein­sam durch – so stel­len Sie sicher, dass nichts über­se­hen wird.

Bei der Begut­ach­tung wird also immer der Unter­stüt­zungs­be­darf im Ver­gleich zu einem Kind ohne Beein­träch­ti­gung glei­chen Alters bewer­tet (Wie Sie für Ihr Kind mit ADHS einen Pfle­ge­grad erhal­ten…). Die Gut­ach­ter sind ange­hal­ten, sich ein mög­lichst ganz­heit­li­ches Bild von der Situa­ti­on zu machen und gera­de die spe­zi­el­len Pro­ble­me bei ADHS zu berück­sich­ti­gen (Wie Sie für Ihr Kind mit ADHS einen Pfle­ge­grad erhal­ten…). Wenn der Gut­ach­ter sei­ne Ein­schät­zung abge­schlos­sen hat, erstellt er ein Gut­ach­ten und die Pfle­ge­kas­se teilt den Eltern schrift­lich den ent­schei­den­den Pfle­ge­grad mit.

Pfle­ge­grad-Bescheid und Wider­spruch: Vie­le ADHS-Kin­der wer­den – je nach Schwe­re­grad und even­tu­el­len zusätz­li­chen Beein­träch­ti­gun­gen – in Pfle­ge­grad 1 oder 2 ein­ge­stuft. Pfle­ge­grad 1 bedeu­tet „gerin­ge Beein­träch­ti­gung der Selbst­stän­dig­keit“ und wird oft ver­ge­ben, wenn „nur“ ADHS vor­liegt, aber trotz­dem ein erhöh­ter Betreu­ungs­auf­wand erkenn­bar ist. Lie­gen wei­te­re Dia­gno­sen wie z.B. Autis­mus-Spek­trum-Stö­run­gen, erheb­li­che Ent­wick­lungs­ver­zö­ge­run­gen oder ande­re psy­chi­sche Stö­run­gen vor, kann auch Pfle­ge­grad 2 („erheb­li­che Beein­träch­ti­gung“) oder höher erreicht wer­den (Pfle­ge­grad bei Kin­dern mit ADHS oder ADS). Soll­te der Antrag abge­lehnt wer­den oder der zuer­kann­te Pfle­ge­grad aus Sicht der Eltern zu nied­rig sein, kann man Wider­spruch ein­le­gen. Nach Erhalt des Bescheids hat man vier Wochen Zeit, um schrift­lich Wider­spruch bei der Pfle­ge­kas­se ein­zu­rei­chen. In die­sem Wider­spruch soll­ten die Ein­wän­de gegen das Gut­ach­ten genau begrün­det wer­den, am bes­ten unter­legt mit neu­en oder bis­her nicht berück­sich­tig­ten ärzt­li­chen Attes­ten und einer aktua­li­sier­ten Doku­men­ta­ti­on des Pfle­ge­auf­wands. Gege­be­nen­falls kommt es dann zu einer Neu­be­gut­ach­tung, auf die man sich wie­der­um gründ­lich vor­be­rei­ten soll­te (Wie Sie für Ihr Kind mit ADHS einen Pfle­ge­grad erhal­ten…). Scheu­en Sie sich nicht, im Zwei­fel auch Hil­fe bei der For­mu­lie­rung des Wider­spruchs zu suchen – z.B. bei einem Pfle­ge­stütz­punkt, Sozi­al­ver­band oder unab­hän­gi­gen Pfle­ge­be­ra­ter. Oft lohnt es sich, hier hart­nä­ckig zu blei­ben, da bei Erfolg rück­wir­kend die höhe­ren Leis­tun­gen gezahlt werden.

Unterstützung durch die Pflegeversicherung: Welche Leistungen gibt es?

Wird ein Kind mit ADHS in einen Pfle­ge­grad ein­ge­stuft, so eröff­net dies den Zugang zu ver­schie­de­nen Leis­tun­gen der Pfle­ge­ver­si­che­rung. Die­se sol­len die pfle­ge­ri­sche Ver­sor­gung erleich­tern und Ange­hö­ri­ge ent­las­ten (Pfle­ge­gra­de bei ADHS | ADHS Deutsch­land e. V.). Je nach Pfle­ge­grad kom­men ins­be­son­de­re fol­gen­de Leis­tun­gen in Frage:

  • Pfle­ge­geld: Dies ist eine monat­li­che Geld­leis­tung, die Eltern erhal­ten, wenn sie die Pfle­ge ihres Kin­des selbst zu Hau­se über­neh­men. Ab Pfle­ge­grad 2 wird Pfle­ge­geld gezahlt (bei Pfle­ge­grad 1 gibt es noch kein Pfle­ge­geld). Die Höhe rich­tet sich nach dem Pfle­ge­grad – z.B. erhält man bei Pfle­ge­grad 2 aktu­ell 316 € pro Monat, bei Pfle­ge­grad 3 sind es 545 € (Pfle­ge­gra­de bei ADHS | ADHS Deutsch­land e. V.). Mit die­sem Geld kön­nen Eltern die Mehr­be­las­tung ein Stück weit finan­zi­ell auf­fan­gen oder es z.B. für die Betreu­ung des Kin­des ein­set­zen. Wich­tig: Bei Pfle­ge­kin­dern (oder ande­ren nicht leib­li­chen Kin­dern) steht das Pfle­ge­geld der Haupt­pfle­ge­per­son zu, die das Kind tat­säch­lich betreut.
  • Pfle­ge­sach­leis­tun­gen: Anstel­le von Pfle­ge­geld kön­nen auch pro­fes­sio­nel­le Pfle­ge­diens­te oder Betreu­ungs­diens­te enga­giert wer­den, deren Kos­ten bis zu einem bestimm­ten Monats­bud­get von der Pfle­ge­kas­se über­nom­men wer­den. Bei Kin­dern mit ADHS wird sel­te­ner ein klas­si­scher Pfle­ge­dienst benö­tigt (der z.B. Grund­pfle­ge wie Waschen oder Medi­ka­men­ten­ga­be über­nimmt). Aller­dings kön­nen Pfle­ge­sach­leis­tun­gen zum Bei­spiel für einen ambu­lan­ten Betreu­ungs­dienst genutzt wer­den, der stun­den­wei­se bei der Auf­sicht des Kin­des hilft oder die­ses zu The­ra­pien beglei­tet. Auch kom­bi­nier­te Leis­tun­gen (teil­wei­se Pfle­ge­geld, teil­wei­se Pfle­ge­dienst) sind mög­lich – hier wird das Pfle­ge­geld antei­lig gekürzt, je nach­dem wie viel Sach­leis­tung man in Anspruch nimmt.
  • Ent­las­tungs­be­trag: Zusätz­lich haben alle pfle­ge­be­dürf­ti­gen Per­so­nen in häus­li­cher Pfle­geunab­hän­gig vom Pfle­ge­grad (also auch schon ab PG 1) – Anspruch auf den soge­nann­ten Ent­las­tungs­be­trag von bis zu 125 € im Monat (131 € Ent­las­tungs­be­trag 2025 plus Zusatz­bud­get nut­zen!). Die­ser Betrag ist zweck­ge­bun­den: Er kann für aner­kann­te Ange­bo­te zur Unter­stüt­zung im All­tag ein­ge­setzt wer­den, zum Bei­spiel für eine Betreu­ungs­kraft, die ein paar Stun­den mit dem Kind spielt oder Haus­auf­ga­ben macht, für die Teil­nah­me an einer Betreu­ungs­grup­pe (etwa eine spe­zi­el­le Spiel­grup­pe für Kin­der mit Behin­de­rung) oder für haus­halts­na­he Dienst­leis­tun­gen. Wich­tig zu wis­sen: Der Ent­las­tungs­be­trag wird nicht auto­ma­tisch aus­ge­zahlt, son­dern man muss die Leis­tun­gen zunächst nut­zen (Rech­nung bezah­len) und bekommt dann die Kos­ten von der Pfle­ge­kas­se erstat­tet (Wofür Sie in der Pfle­ge Ent­las­tungs­leis­tun­gen nut­zen kön­nen). Nicht genutz­te Ent­las­tungs­be­trä­ge kön­nen übri­gens über das Jahr hin­weg ange­spart und noch bis zum Juni des Fol­ge­jah­res ver­wen­det werden.
  • Ver­hin­de­rungs­pfle­ge (Ersatz­pfle­ge): Auch Eltern brau­chen mal eine Pau­se oder fal­len durch Krank­heit aus. Ab Pfle­ge­grad 2 haben pfle­gen­de Eltern daher Anspruch auf Ver­hin­de­rungs­pfle­ge, wenn sie vor­über­ge­hend die Pfle­ge nicht über­neh­men kön­nen. Die Pfle­ge­kas­se erstat­tet dann die Kos­ten für eine Ersatz­pfle­ge­per­son oder einen Pfle­ge­dienst, der das Kind in die­ser Zeit betreut. Pro Kalen­der­jahr steht hier­für ein Bud­get von 1.612 € zur Ver­fü­gung (ggf. kann noch ein zusätz­li­cher Betrag aus nicht genutz­ter Kurz­zeit­pfle­ge hin­zu­kom­men, bis zu wei­te­ren 806 €. Ver­hin­de­rungs­pfle­ge kann stun­den­wei­se oder tage­wei­se in Anspruch genom­men wer­den. Bei stun­den­wei­ser Ersatz­pfle­ge (unter 8 Stun­den am Tag) wird das Pfle­ge­geld nicht gekürzt. Bei län­ge­rer Ersatz­pfle­ge (über 8 Stun­den am Tag, z.B. wenn Eltern ein paar Tage ver­rei­sen) wird für die­se Zeit das Pfle­ge­geld hälf­tig wei­ter­ge­zahlt. Ver­hin­de­rungs­pfle­ge kann fle­xi­bel genutzt wer­den – etwa durch Groß­el­tern, ande­re Ver­wand­te oder befreun­de­te Fami­li­en, die ein­sprin­gen, oder durch pro­fes­sio­nel­le Kräf­te. Wich­tig ist, dass das Kind zuvor min­des­tens 6 Mona­te zu Hau­se gepflegt wur­de, bevor Ver­hin­de­rungs­pfle­ge erst­ma­lig genutzt wer­den kann (Pfle­ge­gra­de bei ADHS | ADHS Deutsch­land e. V.).
  • Kurz­zeit­pfle­ge: Soll­te es not­wen­dig sein, das Kind vor­über­ge­hend außer­halb der eige­nen Woh­nung unter­zu­brin­gen (z.B. in einer spe­zi­el­len Kurz­zeit­pfle­ge­ein­rich­tung oder in einem Heim, falls Eltern durch einen Not­fall aus­fal­len), gibt es die Kurz­zeit­pfle­ge. Pfle­ge­be­dürf­ti­ge Kin­der (PG 2 und höher) kön­nen bis zu 8 Wochen im Jahr in einer sol­chen Ein­rich­tung betreut wer­den. Die Pfle­ge­kas­se über­nimmt dafür Kos­ten von maxi­mal 1.612 € pro Jahr (plus even­tu­ell nicht genutz­te Ver­hin­de­rungs­pfle­ge­mit­tel, ins­ge­samt bis zu 3.224 €). Wäh­rend der Kurz­zeit­pfle­ge wird das zuvor bezo­ge­ne Pfle­ge­geld bis zu 50 % wei­ter­ge­zahlt (Pfle­ge­gra­de bei ADHS | ADHS Deutsch­land e. V.). In der Pra­xis kommt Kurz­zeit­pfle­ge bei ADHS sel­te­ner vor als z.B. bei schwer­be­hin­der­ten oder chro­nisch kran­ken Kin­dern, aber in Kri­sen­si­tua­tio­nen kann es eine wich­ti­ge Ent­las­tung sein, wenn für ein paar Wochen pro­fes­sio­nel­le Betreu­ung gesi­chert ist.

Dar­über hin­aus bie­tet die Pfle­ge­ver­si­che­rung noch wei­te­re Leis­tun­gen und Hilfs­an­ge­bo­te, die auch Fami­li­en mit ADHS-Kin­dern nut­zen kön­nen. Dazu zäh­len z.B. Pfle­ge­be­ra­tun­gen und Pfle­ge­kur­se für Ange­hö­ri­ge (häu­fig kos­ten­los über die Pfle­ge­kas­se oder Wohl­fahrts­ver­bän­de ange­bo­ten), die Mög­lich­keit von Tages- oder Nacht­pfle­ge (teil­sta­tio­nä­re Betreu­ung, was aber eher für kör­per­lich Pfle­ge­be­dürf­ti­ge rele­vant ist) oder Zuschüs­se für zum Ver­brauch bestimm­te Pfle­ge­hilfs­mit­tel (bei ADHS weni­ger rele­vant, eher z.B. Hand­schu­he, Bett­ein­la­gen bei Ein­näs­sen etc.). Die meis­ten Fami­li­en mit ADHS-Kind wer­den vor allem vom Pfle­ge­geld und den Ent­las­tungs- bzw. Ersatz­pfle­ge­leis­tun­gen pro­fi­tie­ren (Pfle­ge­gra­de bei ADHS | ADHS Deutsch­land e. V.). Las­sen Sie sich im Zwei­fel von Ihrer Pfle­ge­kas­se oder einem Pfle­ge­stütz­punkt bera­ten, wel­che Ange­bo­te für Sie in Fra­ge kom­men – die­se Bera­tungs­ge­sprä­che sind gesetz­lich vor­ge­se­hen und kostenlos.

Zusätzliche Hilfen und Entlastungsangebote für betroffene Familien

Neben den Leis­tun­gen der Pfle­ge­ver­si­che­rung gibt es wei­te­re Hilfs­an­ge­bo­te, die Fami­li­en mit ADHS-Kin­dern unter­stüt­zen und ent­las­ten kön­nen. Da ADHS vie­le Lebens­be­rei­che betrifft (Schu­le, Frei­zeit, Fami­lie), ist es oft sinn­voll, ver­schie­de­ne Stel­len mit einzubeziehen:

  • Hil­fen über das Jugend­amt: Kin­der, die auf­grund von ADHS erheb­li­che Pro­ble­me im All­tag oder der Schu­le haben, kön­nen unter Umstän­den Leis­tun­gen der Ein­glie­de­rungs­hil­fe oder Hil­fen zur Erzie­hung bekom­men. Bei­spiels­wei­se besteht – je nach Aus­prä­gung der ADHS und even­tu­el­len zusätz­li­chen Dia­gno­sen – die Mög­lich­keit, über §35a SGB VIII eine Schul­be­glei­tung (Integrationshelfer*in) für das Kind zu erhal­ten, die es im Unter­richt unter­stützt (Wie Sie für Ihr Kind mit ADHS einen Pfle­ge­grad erhal­ten…). Sol­che Schul­be­glei­ter wer­den in der Regel vom Jugend­amt finan­ziert und ent­las­ten Eltern zumin­dest in der Schul­zeit erheb­lich. Auch sozi­al­päd­ago­gi­sche Fami­li­en­hil­fe oder Erzie­hungs­be­ra­tung kann über das Jugend­amt ange­bo­ten wer­den, wenn die Erzie­hung des Kin­des stark erschwert ist. Es lohnt sich, beim zustän­di­gen Jugend­amt nach­zu­fra­gen, wel­che Unter­stüt­zung es für Kin­der mit see­li­scher Behin­de­rung (unter die­se Kate­go­rie fällt ADHS im Sin­ne des Geset­zes) gibt. Zwar ist ein Pfle­ge­grad dafür kei­ne Vor­aus­set­zung, aber vor­han­de­ne Gut­ach­ten und Dia­gno­sen hel­fen bei der Antragstellung.
  • The­ra­peu­ti­sche und päd­ago­gi­sche Ange­bo­te: Ein gut behan­del­tes ADHS führt in der Regel zu weni­ger All­tags­pro­ble­men. Daher soll­ten Eltern die medi­zi­ni­schen und the­ra­peu­ti­schen Hil­fen aus­schöp­fen: Eine Ver­hal­tens­the­ra­pie oder ergo­the­ra­peu­ti­sche För­de­rung kann dem Kind hel­fen, bes­se­re Bewäl­ti­gungs­stra­te­gien zu ent­wi­ckeln (wodurch auch der Pfle­ge­auf­wand sinkt). Eltern kön­nen an spe­zi­el­len Eltern­trai­nings für ADHS teil­neh­men. Sol­che Kur­se ver­mit­teln Wis­sen über ADHS und prak­ti­sche Erzie­hungs­tipps. Eini­ge wer­den von Kran­ken­kas­sen oder Fami­li­en­bil­dung­stät­ten ange­bo­ten – zum Bei­spiel stellt die AOK einen kos­ten­lo­sen Online-ADHS-Eltern­trai­ner bereit, der Eltern mit fach­li­chem Rat durch schwie­ri­ge All­tags­si­tua­tio­nen hilft (Was kön­nen Eltern selbst tun? — ADHS-Info). Fra­gen Sie Ihren Kin­der- und Jugend­psy­cho­lo­gen oder Kin­der­arzt nach geeig­ne­ten Trai­nings in Ihrer Regi­on. Auch Erzie­hungs­be­ra­tungs­stel­len (oft in Trä­ger­schaft von Kom­mu­nen, Cari­tas, Dia­ko­nie etc.) bie­ten Bera­tung und Kur­se zum Umgang mit ver­hal­tens­auf­fäl­li­gen Kin­dern an – zögern Sie nicht, die­se nied­rig­schwel­li­gen Ange­bo­te anzunehmen.
  • Selbst­hil­fe­grup­pen und Aus­tausch: Vie­len Eltern hilft der Kon­takt zu ande­ren Fami­li­en in ähn­li­cher Lage. In Selbst­hil­fe­grup­pen kön­nen Sie Erfah­run­gen aus­tau­schen, sich gegen­sei­tig Tipps geben und ein­fach auch mal Dampf ablas­sen oder Ver­ständ­nis fin­den. Der ADHS Deutsch­land e.V. – die bun­des­wei­te Selbst­hil­fe­or­ga­ni­sa­ti­on – hat in vie­len Städ­ten Regio­nal­grup­pen sowie tele­fo­ni­sche Bera­tung und Online-Selbst­hil­fe­grup­pen im Ange­bot (Pfle­ge­gra­de bei ADHS | ADHS Deutsch­land e. V.). Auch auf sozia­len Medi­en oder in Online-Foren gibt es Eltern­com­mu­ni­ties zum The­ma ADHS. Der Aus­tausch mit ande­ren kann emo­tio­nal ent­las­ten und oft bekom­men Sie dabei die bes­ten all­tags­prak­ti­schen Ratschläge.
  • Fami­li­en­ent­las­ten­de Diens­te: In man­chen Regio­nen gibt es spe­zi­el­le Diens­te von Wohl­fahrts­ver­bän­den (Cari­tas, Lebens­hil­fe, Rotes Kreuz usw.), die Fami­li­en mit behin­der­ten Kin­dern betreu­en. Die­se Ent­las­tungs­diens­te schi­cken z.B. stun­den­wei­se geschul­te Betreu­ungs­per­so­nen zu Ihnen nach Hau­se, die mit Ihrem Kind spie­len, es betreu­en oder gemein­sam etwas unter­neh­men – wäh­rend Sie als Eltern Zeit für sich gewin­nen. Die Kos­ten kön­nen häu­fig über den oben erwähn­ten Ent­las­tungs­be­trag oder über ande­re Kos­ten­trä­ger abge­rech­net wer­den. Infor­mie­ren Sie sich bei Ihrer Kom­mu­ne oder einem Pfle­ge­stütz­punkt, ob es sol­che Ange­bo­te vor Ort gibt. Auch eine Kurz­zeit­pfle­ge (sie­he oben) kann als Ent­las­tung die­nen, falls Sie ein­mal eine län­ge­re Pau­se benö­ti­gen – man­che Ein­rich­tun­gen neh­men auch Kin­der mit ADHS befris­tet auf, ins­be­son­de­re wenn zusätz­li­che Pfle­ge­be­dürf­tig­keit vorliegt.
  • Reha­bi­li­ta­ti­ons- und Kur­an­ge­bo­te: Wenn Eltern auf­grund der Dau­er­be­las­tung an Erschöp­fung oder gesund­heit­li­chen Pro­ble­men lei­den, besteht die Mög­lich­keit, eine Mut­ter-Kind- oder Vater-Kind-Kur zu bean­tra­gen. Es gibt Kli­ni­ken, die sich auf psy­cho­so­zia­le Belas­tun­gen wie ADHS spe­zia­li­siert haben. In einer drei­wö­chi­gen Kur­maß­nah­me kön­nen Eltern Abstand vom All­tag gewin­nen, an Schu­lun­gen teil­neh­men und Kraft schöp­fen, wäh­rend die Kin­der betreut und the­ra­peu­tisch geför­dert wer­den. In der Regel kann eine Mut­ter/­Va­ter-Kind-Kur alle 4 Jah­re in Anspruch genom­men wer­den; bei chro­ni­schen Erkran­kun­gen oder Behin­de­run­gen des Kin­des ist in Abspra­che mit der Kran­ken­kas­se auch ein Kur­ab­stand von 2 Jah­ren mög­lich (Mut­ter-Kind-Kur: ADHS gemein­sam begeg­nen! — ADHS Kom­pakt e.V.). Spre­chen Sie mit Ihrem Haus- oder Kin­der­arzt dar­über, ob eine sol­che Kur für Sie infra­ge kommt, und las­sen Sie sich von einer Bera­tungs­stel­le (z.B. Cari­tas Mut­ter-Kind-Kur Bera­tung) beim Antrag unterstützen.

Zusam­men­fas­send gilt: Scheu­en Sie sich nicht, Hil­fe von außen anzu­neh­men. Kei­ne Fami­lie muss die Her­aus­for­de­run­gen mit einem ADHS-Kind allei­ne bewäl­ti­gen. Es gibt ein Netz­werk aus Ärz­ten, The­ra­peu­ten, Pfle­ge- und Jugend­hil­fe sowie Selbst­hil­fe, das Sie nut­zen kön­nen. Jede Ent­las­tung – sei sie finan­zi­el­ler, prak­ti­scher oder see­li­scher Art – kommt am Ende auch Ihrem Kind zugu­te, weil Sie als Eltern gestärkt und gedul­di­ger für das Kind da sein können.

Alltag strukturieren und Unterstützung annehmen: Tipps für Eltern

Ein Schlüs­sel, um den Fami­li­en­all­tag mit einem ADHS-Kind bes­ser zu bewäl­ti­gen, liegt in einer kla­ren Struk­tur und durch­dach­ten Orga­ni­sa­ti­on. Kin­der mit ADHS kom­men mit fes­ten Rou­ti­nen und ein­deu­ti­gen Regeln bes­ser zurecht, da die­se ihnen Ori­en­tie­rung und Sicher­heit geben (ADHS im All­tag: 6 Tipps mit denen Sie Ihr Kind sinn­voll unter­stüt­zen). Gleich­zei­tig soll­ten Eltern dar­auf ach­ten, sich selbst nicht zu über­for­dern und Hilfs­an­ge­bo­te anzu­neh­men. Hier eini­ge prak­ti­sche Tipps:

1. Kla­re Tages­struk­tur und Ritua­le: Schaf­fen Sie einen gere­gel­ten Tages­ab­lauf. Ein fes­ter Ablauf (z.B. mor­gens auf­ste­hen, dann Früh­stück, dann Zäh­ne­put­zen; fes­te Zei­ten für Haus­auf­ga­ben, Spiel, Medi­en­kon­sum, Zubett­ge­hen etc.) hilft Ihrem Kind, sich zu ori­en­tie­ren. Visua­li­sie­ren Sie den Plan am bes­ten: Je nach Alter kön­nen Sie einen Tages- und Wochen­plan schrift­lich oder mit Pik­to­gram­men gestal­ten und an einem gut sicht­ba­ren Ort (Kühl­schrank, Kin­der­zim­mer) auf­hän­gen. Sol­che Plä­ne machen Erwar­tun­gen klar. Hal­ten Sie nach Mög­lich­keit auch ver­läss­li­che Ritua­le ein – zum Bei­spiel ein bestimm­tes Abend­ri­tu­al (Geschich­te vor­le­sen, gemein­sa­mes Lied, Kuschel­zeit), das dem Kind beim Über­gang zum Schla­fen hilft. Ritua­le und Struk­tur geben Halt und kön­nen sogar dazu bei­tra­gen, dass Ihr Kind ruhi­ger wird (ADHS im All­tag: 6 Tipps mit denen Sie Ihr Kind sinn­voll unter­stüt­zen). Den­ken Sie aber auch dar­an, Puf­fer­zei­ten ein­zu­pla­nen – Kin­der mit ADHS brau­chen oft mehr Zeit für alles. Lie­ber mor­gens 15 Minu­ten eher auf­ste­hen, damit Hek­tik ver­mie­den wird.

2. Kla­re Regeln – aber maß­voll: Regeln sind wich­tig, müs­sen aber für das Kind über­schau­bar blei­ben. Über­le­gen Sie sich eini­ge Grund­re­geln für Zuhau­se (z.B. „Nicht hau­en oder tre­ten“, „Zäh­ne­put­zen vor dem Schla­fen­ge­hen“, „Maxi­mal 1 Stun­de Com­pu­ter am Tag“) und erklä­ren Sie sie Ihrem Kind in ruhi­gen Momen­ten. Kon­sis­tenz ist hier ent­schei­dend – ver­su­chen Sie, die weni­gen auf­ge­stell­ten Regeln dann auch kon­se­quent durch­zu­set­zen, damit Ihr Kind ver­läss­li­che Gren­zen spürt. Zu vie­le Ver­bo­te und Vor­schrif­ten auf ein­mal über­for­dern hin­ge­gen. Loben Sie Ihr Kind aus­drück­lich, wenn es sich an Regeln gehal­ten oder etwas gut geschafft hat – posi­ti­ve Ver­stär­kung wirkt bei ADHS oft bes­ser als Strafen.

3. Haus­auf­ga­ben und Ler­nen struk­tu­rie­ren: Die Schul­auf­ga­ben sind für vie­le ADHS-Kin­der ein täg­li­cher Kampf. Rich­ten Sie daher einen reiz­ar­men, fes­ten Arbeits­platz für Ihr Kind ein – ein Ort, an dem mög­lichst wenig Ablen­kung herrscht (kein lau­fen­der Fern­se­her, Han­dy weg­le­gen, nur benö­tig­tes Mate­ri­al auf dem Tisch). Blei­ben Sie in der Nähe, wenn Ihr Kind Haus­auf­ga­ben macht, um bei Abschwei­fun­gen sanft zurück zum The­ma zu füh­ren. Vie­le Kin­der benö­ti­gen Ihre Prä­senz als „Anker“, um bei der Sache zu blei­ben. Tei­len Sie län­ge­re Auf­ga­ben in klei­ne­re Abschnit­te ein und erlau­ben Sie kur­ze Bewe­gungs­pau­sen dazwi­schen, damit die Kon­zen­tra­ti­on nicht völ­lig erschöpft. Es kann hel­fen, einen Wecker oder Timer zu stel­len – etwa 15–20 Minu­ten kon­zen­triert arbei­ten, dann 5 Minu­ten Pau­se (ADHS im All­tag: 6 Tipps mit denen Sie Ihr Kind sinn­voll unter­stüt­zen). So weiß das Kind, dass es nicht „end­los“ still­sit­zen muss. Falls nötig, spre­chen Sie mit den Lehr­kräf­ten über Nach­teils­aus­glei­che (z.B. mehr Zeit bei Arbei­ten) und dar­über, wie Sie gemein­sam dem Kind Struk­tur geben kön­nen (etwa mit einem Haus­auf­ga­ben­heft, das der Leh­rer kontrolliert).

4. Rei­ze und Akti­vi­tä­ten aus­ba­lan­cie­ren: Kin­der mit ADHS haben einen gro­ßen Bewe­gungs­drang und oft über­schüs­si­ge Ener­gie. Sor­gen Sie täg­lich für genü­gend Mög­lich­kei­ten zum Aus­to­ben – ob auf dem Spiel­platz, beim Sport­ver­ein, Fahr­rad­fah­ren oder ein­fach wild im Wohn­zim­mer tan­zen. Kör­per­li­che Akti­vi­tät hilft vie­len ADHS-Kin­dern, Stress abzu­bau­en und spä­ter wie­der bes­ser still­sit­zen zu kön­nen. Gleich­zei­tig reagie­ren ADHS-Kin­der emp­find­lich auf zu vie­le Rei­ze. Ach­ten Sie zuhau­se auf eine reiz­ar­me Umge­bung: Ein auf­ge­räum­tes Zim­mer, nicht zu viel Deko oder Flim­mern, und begren­zen Sie die Bild­schirm­zeit (bunt fla­ckern­de Video­spie­le kön­nen die Unru­he noch stei­gern). Ein gere­gel­ter Schlaf-Wach-Rhyth­mus ist eben­falls Gold wert – Über­mü­dung ver­schlim­mert die Sym­pto­ma­tik oft.

5. Unter­stüt­zung anneh­men und Netz­wer­ke nut­zen: Ver­su­chen Sie, sich als Eltern nicht zu iso­lie­ren. Spre­chen Sie mit Ihrem Part­ner, der Fami­lie und Freun­den offen über die Belas­tun­gen und Ihren Unter­stüt­zungs­be­darf. Auf­ga­ben kann man auch mal dele­gie­ren – viel­leicht kann ein Groß­el­tern­teil oder Pate an einem Nach­mit­tag pro Woche das ADHS-Kind über­neh­men, damit Sie durch­at­men kön­nen. Tau­schen Sie sich mit ande­ren betrof­fe­nen Eltern aus (z.B. in Selbst­hil­fe­grup­pen oder Online-Com­mu­ni­ties), um Tipps zu bekom­men und das Gefühl zu haben, nicht allein zu sein. Nut­zen Sie pro­fes­sio­nel­le Hil­fen: ambu­lan­te Diens­te, die ein paar Stun­den Betreu­ung über­neh­men (finan­ziert über den Ent­las­tungs­be­trag), oder eine Fami­li­en­hil­fe vom Jugend­amt, falls vor­han­den. Selbst­für­sor­ge ist kein Luxus, son­dern not­wen­dig, um lang­fris­tig Kraft für die Fami­lie zu haben. Gön­nen Sie sich also bewusst Pau­sen. Suchen Sie Aus­gleich – sei es durch Sport, Ent­span­nungs­tech­ni­ken wie Achtsamkeit/Meditation oder ein­fach Frei­zeit­ak­ti­vi­tä­ten, die Ihnen gut­tun. Stu­di­en zei­gen, dass z.B. Acht­sam­keits­trai­ning die elter­li­chen Stress­le­vel deut­lich sen­ken kann (Men­tal Care bei ADHS-Schul­kin­dern: — Blog ADHS-Spek­trum). Wer selbst etwas zur Ruhe kommt, kann auch im nächs­ten Sturm mit dem ADHS-Kind gelas­se­ner bleiben.

6. Pro­fes­sio­nel­le Hil­fe ein­be­zie­hen: Wenn Sie mer­ken, dass die Situa­ti­on Sie völ­lig über­for­dert oder das Fami­li­en­le­ben mas­siv lei­det, zie­hen Sie recht­zei­tig pro­fes­sio­nel­le Hil­fe hin­zu. Das kön­nen regel­mä­ßi­ge Ter­mi­ne bei einer Erzie­hungs­be­ra­tungs­stel­le sein, um neue Stra­te­gien zu ent­wi­ckeln, oder die Hil­fe eines Fami­li­en­the­ra­peu­ten, der mit Ihnen an kon­kre­ten Pro­ble­men arbei­tet. Manch­mal hilft schon ein paar Mal Coa­ching von außen, um fest­ge­fah­re­ne Mus­ter auf­zu­bre­chen. Soll­te neben ADHS noch eine ande­re Pro­ble­ma­tik bestehen (z.B. Autis­mus, Angst­stö­run­gen etc.), sor­gen Sie dafür, dass die­se eben­falls behan­delt wird – oft grei­fen die Schwie­rig­kei­ten inein­an­der. Zögern Sie nicht, auch medi­zi­ni­sche Hil­fe in Anspruch zu neh­men: Ein pas­sen­des Medi­ka­ment (wie Methyl­phe­ni­dat) kann in Abspra­che mit dem Arzt die ADHS-Sym­pto­me so weit lin­dern, dass das Kind viel bes­ser im All­tag klar­kommt und lern­fä­hig wird – was wie­der­um den Pfle­ge­auf­wand redu­ziert. Nicht zuletzt: Las­sen Sie Schuld­ge­füh­le los. Weder Sie noch Ihr Kind haben „Schuld“ an der ADHS. Sich Unter­stüt­zung zu holen, ist kein Zei­chen von Ver­sa­gen als Eltern, son­dern von Verantwortungsbewusstsein.

Zum Schluss möch­ten wir beto­nen: Sie sind nicht allein. Es ist abso­lut ver­ständ­lich, dass einen die Erzie­hung eines ADHS-Kin­des manch­mal an die Gren­ze bringt. Holen Sie sich Hil­fe, infor­mie­ren Sie sich über Ihre Rech­te (Pfle­ge­leis­tun­gen etc.) und ver­net­zen Sie sich mit ande­ren. Mit einer guten Struk­tur, viel Lie­be und pas­sen­der Unter­stüt­zung kann Ihr Kind sich trotz ADHS wun­der­bar ent­wi­ckeln und Ihr Fami­li­en­le­ben gelin­gen. Und ver­ges­sen Sie nicht, auch die schö­nen Sei­ten zu sehen: Vie­le ADHS-Kin­der sind krea­tiv, wiss­be­gie­rig, humor­voll und lie­bens­wür­dig. Mit der rich­ti­gen Balan­ce aus För­de­rung und Ruhe­pha­sen kann auch das Zusam­men­le­ben mit einem „Wir­bel­wind“ berei­chernd und fröh­lich sein.

Fazit: ADHS bei Kin­dern erfor­dert zwar einen erhöh­ten Betreu­ungs- und Pfle­ge­auf­wand, aber Eltern müs­sen die­se Her­aus­for­de­rung nicht allei­ne stem­men. Von der Ein­stu­fung in einen Pfle­ge­grad (mit finan­zi­el­ler Hil­fe wie Pfle­ge­geld und Ent­las­tungs­leis­tun­gen) über zusätz­li­che Ange­bo­te von Jugend­hil­fe und Selbst­hil­fe bis hin zu prak­ti­schen All­tags­stra­te­gien gibt es zahl­rei­che Mög­lich­kei­ten der Unter­stüt­zung. Nut­zen Sie sie – für Ihr Kind und für sich selbst. Mit Struk­tur, Geduld und Hil­fe von außen lässt sich der All­tag mit ADHS deut­lich leich­ter bewältigen.

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